Nairobi - Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat vor der zunehmenden Verschlechterung der Lage somalischer Flüchtlinge in Nordkenia gewarnt. Allein im vergangenen Jahr seien fast 60.000 Menschen aus Somalia über die offiziell geschlossene Grenze in das Nachbarland gekommen, um dort Schutz und Sicherheit vor den anhaltenden Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Milizen zu finden, erklärte Gerry Simpson, Flüchtlingsexperte von HRW am Montag in Nairobi.
Behördenwillkür und Missbrauch
Für die meisten Flüchtlinge ende die Reise in einem der drei Lager um die nordkenianische Stadt Dadaab, in der bereits mehr als 260.000 SomalierInnen lebten. Dadaab sei damit das zurzeit größte Flüchtlingslager der Welt, stellte Simpson fest. Da die Grenze zu Somalia laut HWR offiziell geschlossen ist, sind viele Flüchtlinge den Angaben zufolge "Behördenwillkür" ausgesetzt. So erpressten kenianische Polizisten Bestechungsgelder von den Neuankömmlinge und zwängen sie zur Rückkehr nach Somalia, wenn sie nicht zahlten. Es komme auch zu Fällen sexueller Gewalt und Nötigung somalischer Frauen und Mädchen, hieß es in der Aussendung.
Gesundheitsversorgung bricht zusammen
In den bereits überfüllten Lagern droht nach Angaben der Hilfsorganisation die Gesundheitsversorgung zusammenzubrechen. Dadaab war ursprünglich für die Aufnahme von bis zu 90.000 Flüchtlingen vorgesehen. Bereits 2008 hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erklärt, die Lager seien so voll, dass keine zusätzlichen Menschen aufgenommen werden könnten. Die örtliche Verwaltung verweigerte jedoch die Erlaubnis zum Bau zusätzlicher Flüchtlingslager in der Region.
Immer mehr Flüchtende
Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR hatte erst vergangene Woche mitgeteilt, dass die Zahl der asylsuchenden SomalierInnen im vergangenen Jahr um 77 Prozent im Vergleich zu 2007 hochgeschnellt sei. Somalia hat seit 1991 keine funktionierende Regierung. Derzeit sucht die Regierung der nationalen Versöhnung des gemäßigten Islamisten Sheik Sharif Ahmed den Dialog mit den islamischen Milizen. Teile der radikal-islamischen Gruppen wie die Al-Shabab-Miliz wollen ihren Kampf jedoch fortsetzen. (APA/dpa)