Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Luftbild von einem HDJ-Camp vom Sommer 2008

Foto: Getty Images

Berlin - Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble hat am Dienstag die rechtsextreme "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) verboten. Schon am frühen Morgen durchsuchten Ermittler in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen die Wohnungen führender Mitglieder der Organisation, um das Vermögen des Vereins zu beschlagnahmen. "Mit dem heutigen Verbot setzen wir den widerlichen Umtrieben der HDJ ein Ende", erklärte Schäuble. "Wir werden alles tun, um unsere Kinder und Jugendlichen vor diesen Rattenfängern zu schützen."

Die "Heimattreue Deutsche Jugend" ist als rechtsextremer Jugendverband mit mehreren hundert Mitgliedern bundesweit aktiv. Ähnlich wie die schon 1994 verbotene "Wiking Jugend" versucht sie nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden, Kinder und Jugendliche unter dem Deckmantel unpolitischer Zeltlager und Fahrten für ein nationalsozialistisches und rassistisches Weltbild zu begeistern.

Schulungen in "Rassenkunde"

"In speziellen Schulungen werden bereits Kinder im Grundschulalter gezielt in 'Rassenkunde' unterrichtet", kritisierte das Innenministerium. Sie würden dazu angehalten, für die "Blutreinheit" und das "Fortbestehen des deutschen Volkes" einzutreten. Ausländer und Juden würden als Bedrohung dargestellt. Zuletzt war die HDJ aufgefallen, als die Polizei im Sommer 2008 eines ihrer Ferienlager in Mecklenburg-Vorpommern räumte. Im Oktober ließ das Bundesinnenministerium im Zuge eines Ermittlungsverfahrens bundesweit Wohnungen durchsuchen und Beweismittel beschlagnahmen.

Schäuble mahnte, das entschlossene Vorgehen des Staates gegen die Organisation reiche allein nicht aus. "In unserer offenen Gesellschaft geht der Kampf gegen den Rechtsextremismus uns alle an", sagte er. Nötig seien verantwortungsbewusste Eltern, sensibilisierte Lehrer und andere engagierte Vorbilder, die den Kindern die Werte vermittelten, auf denen die freiheitliche Gesellschaft aufbaue.

Lange überfällig

Die Parteien und der Deutsche Gewerkschaftsbund nannten das Verbot der HDJ lange überfällig. Die SPD sprach von einem wichtigen Schritt im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Ein rascheres Verbot hätte allerdings ein deutlicheres Signal gesetzt, erklärte die Partei. FDP und Grüne forderten nach dem Verbot mehr demokratische Freizeitangebote in Sportvereinen und Jugendeinrichtungen, um braune Auswüchse zu bekämpfen. Der DGB verlangte darüber hinaus ein Verbot der rechtsextremen NPD, "um der extremen Rechten die Infrastruktur für ihre menschenverachtende Propaganda zu entziehen".

Schäuble wies den Vorwurf zurück, nicht schnell genug gehandelt zu haben. "Das Dümmste, was man machen kann, ist, mit rechtlich nicht einwandfreien Mitteln gegen die Rechtsextremen vorzugehen", sagte er in Berlin. Die Behörden hätten ihr Vorgehen gründlich geprüft, um den Rechtsextremen vor Gericht keinen Gefallen zu tun.

Die HDJ hatte sich 1990 als Abspaltung des "Bundes Heimattreuer Jugend" gegründet und ist nach Erkenntnissen des Bundesverfassungsschutzes ein fester Bestandteil der rechtsextremen Szene. Sie unterhalte Kontakte sowohl zur NPD als auch zu neonazistischen Kameradschaften. An ihren Zeltlagern nähmen teils ganze Familien teil. Mit dem Verbot durch Schäuble ist die HDJ aufgelöst, ihr Vermögen wird eingezogen. Die Organisation darf auch nicht unter anderem Namen weitergeführt werden. Verstöße gegen das Vereinsverbot werden mit einer Geldstrafe oder bis zu einjähriger Haftstrafe geahndet. (APA/Reuters)