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Live-Übertragung des Prozesses.

Foto: REUTERS/Chor Sokunthea

Phnom Penh - Im Prozess gegen den Chef-Henker des Rote Khmer-Regimes in Kambodscha hat die Staatsanwaltschaft erstmals Videos und Fotos der Grausamkeiten unter den Steinzeitkommunisten gezeigt. Chefanklägerin Chea Leang präsentierte am Dienstag in ihrem Eröffnungsplädoyer unter anderem Aufnahmen, die Vietnamesen 1979 wenige Tage nach ihrem Einmarsch in Phnom Penh im Foltergefängnis Toul Sleng, genannt S21, machten. Darauf waren Leichen und Folterinstrumente zu sehen. Auf der Anklagebank sitzt der Leiter von S21, Kaing Guek Eav, alias Duch (Deuch/sprich: Doik). Er ist unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Folter angeklagt.

An dem Video entzündete sich eine hitzige Debatte zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Duchs französischer Anwalt Francois Roux wollte das Material verbieten lassen. Die Richter lehnten seinen Einwurf ab. Duch verfolgte die Ausführungen aufmerksam. Er setzte seine Brille auf, um die Fotos und Grafiken auf einem Flachbildschirm auf seinem Tisch anzusehen. Er blätterte geschäftig in einer Mappe mit Prozessunterlagen. Gefühlsregungen zeigte er wie schon am Tag zuvor bei der Anklageverlesung nicht.

"Die Gefangenen verbrachten jede Minute jeden Tages in S21 unter unmenschlichen Bedingungen", sagte die Staatsanwältin. Sie beschrieb, wie die Festgenommenen entkleidet und mit Fußfesseln an Eisenstangen und aneinandergekettet wurden. Sie hätten nur zweimal am Tag dünne Suppe bekommen. Kinder hätten die Wunden durch Foltereien notdürftig mit Jod oder Salzlösung gesäubert. "Zeuge KW15, einer der Sanitäter, wird aussagen, dass er wichtige Gefangene behandeln musste, damit sie weiter verhört werden konnten", sagte Chea Leang. Nur eine Handvoll von mehr als 14.000 Gefangenen überlebte S21.

Angeklagter gesteht und bittet um Vergebung

Der 66-jährige Duch bat vor dem Sondertribunal in Phnom Penh am Dienstag zudem seine Opfer um Verzeihung. Er erkenne die Verantwortung für die Geschehnisse in dem Gefängnis Tuol Sleng an, sagte er. Duch war der Leiter der berüchtigten Haftanstalt, in der während der Herrschaft von Pol Pot zwischen 1975 und 1979 mehr als 15.000 Männer, Frauen und Kinder gefoltert oder hingerichtet wurden. Das Gericht wirft ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folter und Mord vor.

"Ich möchte meine tief empfundene Reue und mein Bedauern über die Verbrechen zum Ausdruck bringen, die zwischen 1975 und 1979 verübt wurden", las Duch mit fester Stimme von einem Blatt. "Ich habe die Befehle zwar von der Partei Angkar erhalten, aber ich bin allein für die Verbrechen (in S21) verantwortlich." Ungeachtet dessen sagte sein Anwalt Kar Savuth anschließend, der Prozess gegen Duch bringe keine Gerechtigkeit, wenn nicht auch die damaligen Leiter der 195 anderen Gefängnisse zur Rechenschaft gezogen würden.

"Ich möchte mir erlauben, mich bei den Überlebenden des Regimes und den Hinterbliebenen derer zu entschuldigen, die während der Herrschaft brutal ums Leben gekommen sind", fügte der Mathematiker, dessen eigentlicher Name Kaing Guek Eav lautet, hinzu. "Ich bitte nicht darum, dass Sie mir jetzt vergeben, aber ich hoffe, dass Sie es später einmal tun werden." Duch wurde im Jahr 1999 verhaftet. (APA/dpa)