Hans Makart: "Pappenheims Tod"

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Übergabe (v.l.n.r.): Luca Purbeck, Erbe nach Gutmann, sein Anwalt Olaf Ossmann, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und Michael Wladika, Provenienzforscher des Wien Museums.

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Wien - Erstmalig kam es am Dienstag in Wien zur Rückgabe eines in der NS-Zeit entzogenen Kunstwerkes - ohne gesetzliche Grundlage: Das Wien Museum übergab den Enkeln des deutschen Bankiers Herbert M. Gutmann (1879-1942) das Gemälde Pappenheims Tod von Hans Makart. Dessen unentgeltliche Übertragung war vom Gemeinderat am 25. Juni 2008 einstimmig beschlossen worden.

Lücke im Rückgabegesetz

Die Vorgeschichte: Im April 1999, ein halbes Jahr nach dem Bund, beschloss der Wiener Gemeinderat die Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen, die in der NS-Zeit enteignet wurden; das Gesetz definiert den Zeitraum mit 1938 bis 1945, obwohl Hitler in Deutschland 1933 an die Macht kam, was Auswirkungen auf Österreich hatte. Jüdische Filmproduzenten wurden z.B. in den Konkurs getrieben, da ihre Filme nicht mehr in Deutschland gezeigt werden durften.

Auf diese Gesetzeslücke machte die Wiener Restitutionskommission bereits 2007 aufgrund des Falles Gutmann aufmerksam. Der deutsche Bankier hatte seine Sammlung, die in Verzeichnissen als "Sammlung Herbertshof bei Potsdam" erwähnt ist, nach Hitlers Machtergreifung verkaufen müssen: Sie gelangte 1934 in Berlin zur Versteigerung. Das Bild Pappenheims Tod ging in Privatbesitz über. 1968 erwarb die Stadt Wien das Gemälde von einem Dänen, der als Provenienz angab: "1934 aus der Sammlung Herbertshof bei Potsdam".

Die Kommission stellte fest, dass sie für diesen Restitutionsfall aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses nicht zuständig ist. Sie kam aber "zum Schluss, dass der Entziehungstatbestand, wäre er in gleicher Weise nach dem 12. März 1938 in Österreich gesetzt worden, (...) als gegebenen anzusehen wäre". Weiters: "Sollte die Ausfolgung dieses Werkes, das eindeutig als restitutionsfähig angesehen wird, beabsichtigt werden, findet dies auf Zustimmung der Kommission. Überlegt werden sollte, ob nicht zur Erfassung gleichartiger Sachverhalte eine Ausweitung des Gemeinderats-Beschlusses vorzunehmen ist."

Mailath gegen Gesetzesänderung

Doch Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) schien die "Einführung einer generellen Regelung nicht geboten zu sein", da davon ausgegangen werden könne, "dass der Anlass einen Einzelfall" darstelle: Es kam zu keiner Gesetzesänderung. "Pappenheims Tod" wurde daher am Dienstag nicht restituiert, sondern nur unentgeltlich ausgefolgt.

Marco Schreuder von den Grünen hingegen meint, dass NS-Opfer und deren Erben "ein Recht auf Restitution haben" - und nicht gönnerhaft "geschenkt" bekommen sollten, was ihnen entzogen wurde. Er will auch nicht an die Einzelfall-These glauben und fordert "Rechtssicherheit für alle zukünftigen Fälle für in Deutschland entzogene Kunstwerke ab 1933".

Das Kulturamt bezeichnet die Rückgabe des Makart-Gemäldes dennoch "als Meilenstein in der Restitutionsgeschichte Österreichs". Zur Frage, warum das Restitutionsgesetz nicht ausgeweitet werde, sagte Gerlinde Riedl, Mailaths Pressesprecherin, gegenüber derStandard.at/Kultur: "Wir warten ab, was der Bund macht." Bekanntlich wird über eine Novelle des Rückgabegesetzes aus 1998 verhandelt; die Ausdehnung auf das Jahr 1933 ist vorgesehen. Wenn der Bund tatsächlich die Novelle zum Kunstgüterrückgabegesetz beschließt, werde die Stadt Wien, so Gerlinde Riedl, "nicht zögern", ebenfalls das Gesetz zu ändern.

Kritik von den Grünen

Marco Schreuder hingegen übt Kritik: "Schade, dass die Stadt Wien den Fall Gutmann nicht zum Anlass genommen hat, beispielhaft voranzugehen und als erste gesetzgebende Körperschaft Österreichs Rechtssicherheit zu schaffen."

Die Erben nach Herbert Gutmann waren aber auch über die "Ausfolgung" des Bildes mehr als glücklich: Sie hoffen, dass die Wiener Entscheidung die anderen Restitutionsanträge in Deutschland befördert. (Thomas Trenkler, derStandard.at, 31.03.2009)