Wien - Auch ein Radweg kann in die Jahre kommen. Der "Ring-Rund", das Herzstück des Wiener Radnetzes, wurde in den 1980ern realisiert. Seither ist der Radverkehr stark gestiegen, zu Spitzenzeiten treten bis zu 6000 Menschen in die Pedale. Es gebe bereits Staus wie im Autoverkehr, sagt Planer Werner Rosinak. Am Donnerstag legte Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker (SP) sein Konzept zur Aufwertung des Radwegs im ersten Wiener Gemeindebezirk vor.
Auf vier Teilstücken wird die Wiener Ringstraße künftig beidseitig mit dem Drahtesel befahrbar sein und die Strecke wird um zwei Kilometer verlängert. Vor der Universität Wien wird ein Rad-Abstellplatz entstehen. Die Idee, eine Fahrspur des Rings für Busse, Fiaker und Radler zu reservieren, habe man wegen der schwierigen Abbiegesituation im Konflikt mit der Straßenbahn wieder verworfen. Einige Pläne sollen bereits in den kommenden Monaten umgesetzt werden. Radikalen Veränderungen wird durch Schickers Pläne eine Absage erteilt.
"Dürftige Kosmetik"
Die Ideen seien dürftige Kosmetik, sagt Grünen-Klubobfrau Maria Vassilakou. Kritik an Schickers Plänen kommt auch von VP und FP. Die Grünen fordern einen autofreien Ring. Die Teilsperre für die EM-Fanzone im Vorjahr habe sich als durchführbar erwiesen. Auch Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hält das grundsätzlich für möglich: "Die Kärntner Straße war ja bis Anfang der 70er-Jahre eine Durchzugsstraße. Die Sperre für Autos hat sich als positiv für Geschäfte und Fußgänger erwiesen."
Ein Problem sei allerdings, dass es dann in anderen Straßen mehr Verkehr geben werde. "Wichtig ist es, den Radweg weniger mühsam für die Radler zu gestalten und viele Einbahnen für Radfahrer zu öffnen, fordert Gratzer. Denn Radfahren ist in Österreich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden: Laut VCÖ sollen dadurch im Vorjahr 18.328 Arbeitsplätze gesichert worden sein. Positiver Nebeneffekt: Es wurden 342.000 Tonnen CO2 und 75.400 Kilogramm Feinstaub vermieden.
Schicker mahnt die Radfahrer zu mehr Rücksicht im Straßenverkehr. Am Dienstag kam es wieder zu einem Unfall. Ein 62-Jähriger stieß mit dem Drahtesel eine Fußgängerin nieder, die einen gekennzeichneten Radweg überqueren wollte. Während die Frau unverletzt blieb, musste der Mann mit Frakturen in ein Krankenhaus.
Tipps für sicheres Radfahren und spektakuläre Showeinlagenkann gibt es am Wochenende beim Argus Bike Festival am Wiener Rathausplatz. 2008 nutzten 85.000 Besucher das Angebot von 70 Ausstellern, einen Flohmarkt und Diskussionen rund um das Fahrrad. (Julia Schilly, DER STANDARD - Printausgabe, 3. April 2009)