Standard: Die Raiffeisen Zentralbank holt 1,75 Mrd. Euro PS-Kapital vom Staat, zahlt acht Prozent Zinsen. Sie müssen ein Drittel bei Privaten platzieren. Wo?

Konrad: Es gibt einen Markt, es gibt Altaktionäre, und wir haben viele Kunden. Wir haben drei Monate Zeit, und ich habe keine Sorge, dass wir das nicht platzieren.

Standard: Sie wollten anfangs "nur über meine Leiche" Geld vom Staat, "von euch lass‘ ich mich nicht verstaatlichen" , sagten Sie einem Notenbanker. Was wäre so schlimm etwa an einem vom Staat entsandten Aufsichtsrat?

Konrad: Das wäre zu viel gewesen, wegen der Symbolik. Das hätte signalisiert, dass wir auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Das ist aber nicht der Fall.

Standard: Was ist der Fall?

Konrad: Wir nützen die Möglichkeit, auf eine Kapitalausstattung von neun Prozent zu kommen und unseren Reserven eine eiserne Kasse oben draufzusetzen.

Standard: Weil es in Osteuropa, wo Raiffeisen International, RI, sehr aktiv ist, eng wird?

Konrad: Nein. Die Redereien, Österreich habe ein Osteuropa-Problem sind Unsinn. Europa hat ein Amerika-Problem: Die Risken europäischer Länder und Banken in Amerika sind problematisch. Österreichs Banken haben in 21 Ländern Osteuropas 200 Mrd. Euro veranlagt, ordentlich besichert und vorgesorgt. Für den Fall, dass die Wirtschaft dort schrumpft, ist ausreichend vorgesorgt. Raiffeisen ist und bleibt in Osteuropa. Ich sehe kein Land, aus dem wir uns zurückziehen müssten.

Standard: Für wie gefährlich halten Sie die Lage in der Ukraine?

Konrad: Schwierige Lage, aber keine ernsthafte Probleme für uns.

Standard: Sie wollen die 1,75 Mrd. in drei Jahren zurückzahlen. Wie will man das so schnell verdienen?

Konrad: Dass wir die acht Prozent Verzinsung verdienen können, ist ja wohl keine Frage. Und das Kapital gebe ich ja nicht aus. Wir werden damit arbeiten, aber wir verprassen und verlieren es nicht. Ich gehe davon aus, dass die Finanzmärkte in zwei Jahren wieder funktionieren und auch Wertberichtigungsbedarf wegfallen wird, allein aus bilanzrechtlichen Gründen.

Standard:
750 Mio. Euro hat der Sektor schon in die RZB eingeschossen. Wird das, zusammen mit den 1,75 Mrd. reichen?

Konrad: Die RZB stockt ihr Partizipationskapital um insgesamt 2,5 Milliarden auf, das reicht.

Standard: Wird RI die Töchter im Osten mit Kapital ausstatten?

Konrad: Das hat sie immer getan. Alles andere müssen Sie RZB-Chef Walter Rothensteiner fragen.

Standard: Sie haben in Osteuropa jeden Werktag eine Filiale aufgesperrt. War das nicht zu rapide?

Konrad: Bis dato hatten wir recht, schauen Sie sich die guten Ergebnisse bis Ende 2008 an. Was hätten wir anders machen sollen? Ich sehe nichts. Wir hätten auf Geschäft verzichten und zu Hause bleiben können. Daheimbleiben ist gleich schrumpfen. Dann hätten wir zuschauen können, wie die anderen wachsen, weil Russland etwa wächst weiter. Die Menschen haben Nachholbedarf; wir werden ihnen helfen und da sein.

Standard: Kleine Raiffeisenkassen haben viel Geld in toxische Papiere veranlagt. Wie hat Ihnen der Sektor geholfen? Die Landesbank NÖ Wien musste stark aushelfen.

Konrad: Insgesamt ist das alles in einem überschaubaren Bereich, keine einzige Raiffeisenkasse ist in substanzielle Schwierigkeiten geraten. Wir sind eine Verbundorganisation, es läuft wie in einer funktionierenden Familie: Wenn man ein bissl krank ist, helfen einem die anderen. Die RLB NÖ Wien hat im Vorjahr eine Sonderdividende ausgeschüttet: 50 Millionen. Die war aber 2007 schon beschlossen.

Standard: Raiffeisen hat im Gegensatz zur Erste Group ihre Ost-Töchter nicht abgewertet. Warum nicht?

Konrad: Wir haben ja fast keine Banken gekauft, fast alle neu gegründet. Daher ist das nicht nötig.

Standard: Warum hat die RZB ihre RI-Aktien gerade jetzt aufgewertet? Man sagt, es sei von rund zwölf auf 30 bis 40 Euro aufgewertet worden.

Konrad: Man sagt viel. Wir haben einen kleinen Teil unserer Reserve gehoben, das war im Oktober beschlossen. Mitten in einer Zeit, in der man nicht wusste, was noch kommt. Wir wirtschaften längerfristig. Wir haben fünfzehn Jahre lang Reserven aufgebaut, jetzt haben wir das erste Mal einen kleinen Teil unserer Reserven eingesetzt.

Standard: Ist die große Gier vorbei?

Konrad: Es wird jedenfalls notwendig sein, auf die Grundwerte zurückzukommen: Nachhaltigkeit, Verlässlichkeit, Treue, Bescheidenheit.(Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 3.4.2009)