Sie ist beinahe so sagenumwoben wie früher die Sammlung des Augenarztes Rudolf Leopold: die Kunstsammlung des Zeitungszaren Hans Dichand. Die von Wilhelm Holzbauer errichtete Dichand-Villa im Kaasgraben im Wiener Nobelbezirk Döbling sei voll von Meisterwerken, heißt es, von gut gefüllten Kunstdepots im Ausland wird gemunkelt. "Fest steht, dass es sich um eine immense Sammlung handeln muss", ist sich Wolfgang Lorenz sicher.

Als Intendant von "Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas" hatte Lorenz beabsichtigt, die Sammlung des gebürtigen Grazers erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren. "Ich hatte mit Herrn Dichand (das war wohl um 2000) darüber ein sehr konstruktives Gespräch und wir waren uns eigentlich handelseins, das Projekt mit dem Erscheinen eines Gesamtkataloges der Sammlung zu kombinieren", so der ORF-Programmdirektor zur APA, "Es hat sich allerdings dann in weiterer Folge herausgestellt, dass Standortfragen von Sammlungsteilen, bzw. der genaue Bestand nicht so einfach zu klären seien, und dadurch auch die Erstellung des Gesamtkataloges so einfach nicht sein würde."

"Ich erinnere mich an das Projekt, kann aber heute nicht mehr sagen, warum es gescheitert ist", bleibt Dichand in einer Stellungnahme gegenüber der APA etwas vage. Konkreter nahm er 2003 im "Wirtschaftsblatt" Stellung: "Es gibt eine Novelle zum Denkmalschutzgesetz, dass Bilder, die aus dem Ausland kommen und einen Österreich-Bezug haben, wie Klimt, Schiele usw., später nicht mehr ins Ausland gebracht werden dürfen. Ich habe einige wichtige Bilder im Ausland gekauft, aber vorsichtshalber draußen im Zollfreilager gelassen, in Zürich und so. Wichtige Bilder mit Storys dahinter: Alma Mahler und Kokoschka und diese Geschichten. Die Minister haben es nicht fertig gebracht, dass ich die Bilder in Graz ausstellen, aber dann wieder zurück ins Ausland bringen darf."

Klimts Gemälde "Danae"

Eines der bekannten Hauptwerke der Sammlung Dichand befindet sich in Österreich: Klimts Gemälde "Danae", das auf zumindest 40 Mio. Euro geschätzt wird und auf das "heute die ganze Familie stolz ist" (Dichand). Kürzlich war es in der Ausstellung "Gustav Klimt und die Kunstschau 1908" im Unteren Belvedere zu sehen. Es sei gar nicht so schwer gewesen, Dichand zu dieser Leihgabe zu bewegen, schildert Belvedere-Chefin Agnes Husslein: "Er ist ein sehr gebildeter, sehr interessierter Mann - ein Grandseigneur, ein Connaisseur. Er ist ein Mensch, der die Kunst liebt und das Glück hat, mit ihr leben zu können." Sie kenne die Sammlung Dichand "nicht im Detail", halte sie aber ohne Zweifel für "eine sehr bedeutende Sammlung": "Er besitzt viele schöne, museale Stücke, die ich mir gut im Belvedere vorstellen könnte."

Andere Sammler, wie Karlheinz Essl oder Rudolf Leopold sind den anderen Weg gegangen und füllen mit ihren Sammlungen eigene Museen. "So umfangreich ist meine Sammlung auch wieder nicht, dass man daraus ein Museum machen könnte", wehrt Dichand bescheiden ab und betont: "Mein Verhältnis zu anderen Sammlern ist durchaus freundschaftlich. Prof. Dr. Leopold ist ein so vielseitiger Kunstkenner, dass ich in Gesprächen mit ihm viel gelernt habe. Herr Essl war ein sehr guter Kunde der Galerie Würthle und auch mit ihm besteht ein freundschaftliches Verhältnis."

1986 herausgegebener Bildband

Einen Bestandskatalog der Sammlung Dichand gibt es zwar nicht, doch den von Hans Dichand 1986 herausgegebenen Bildband "Die Künstler der Klassischen Moderne in Österreich". Blättert man diesen durch, stößt man auf insgesamt 41 abgebildete Werke mit der Provenienz-Angabe "Sammlung Dichand" (dazu noch einige weitere aus der 1976 von Hans Dichand gekauften, mittlerweile nicht mehr weiterbetriebenen Galerie Würthle): Neben dem Prunkstück der "Danae" finden sich etwa eindrucksvolle Zeichnungen von Klimt, Schiele und Kubin (1999 zeigte die Landesgalerie Eisenstadt in einer eigenen Ausstellung gleich "150 Werke aus der Sammlung Dichand"). Schieles Gemälde "Madonna mit Kind", eine "Mutter mit Kind" von Oskar Kokoschka, weitere Bilder von Carl Moll, Albin Egger-Lienz, Albert Paris Gütersloh, Wilhelm Thöny und Oskar Laske zählen ebenso zu den dort beschriebenen Werken wie Holzschnitte und Aquarelle von Ludwig Heinrich Jungnickel, Tuschzeichnungen von Franz von Zülow oder Skulpturen von Fritz Wotruba und Anton Hanak. (APA)