Wien - Die von Verkehrsministerin Doris Bures gepriesene Aufrüstung des ÖBB-Schienennetzes mit neuer Verkehrstechnologie kommt mit weniger Schwung als versprochen. Dass Österreichs Eisenbahner bei Effizienz und Sicherheit den Nachbarn Schweiz und Tschechien hinterherhinken, lässt sich an der Implementierung des elektronischen Zugsicherungssystems ETCS ablesen, an der die ÖBB seit Jahren arbeitet.

Das European Train Control System (ETCS) ist sozusagen ein elektronischer Bahnwächter, der Signale für freie Fahrt oder Stopp gibt und die Mindestabstände zwischen den Zügen bestimmt. Passiert ein Unfall, werden über Sender in Gleisen und Loks nach- und entgegenkommende Züge automatisch gestoppt.

Mischsystem

Während schweizerische Züge bereits mit ETCS-Level-2 unterwegs sind und Tschechien auf diesen Zug aufspringt, will die ÖBB nicht einmal auf der - längst an Kapazitätsgrenzen stoßenden - Westbahn das modernere System implementieren. Im Gegenteil, über weite Strecken wird altes ETCS-Level-1 und -Level-2 als Mischsystem eingebaut.

Das widerspricht nicht nur den Empfehlungen der ÖBB-Berater von Ernst Basler+Partner (EBP) in Zürich, sondern wird, wie GrünenVerkehrssprecherin Gabriela Moser herausgefunden hat, auf Dauer deutlich teurer kommen als notwendig. Erstausrüstung mit ETCS-1 und Umrüstung auf ETCS-2 (nach Ablauf der wirtschaftlichen Lebensdauer von ETCS-1) kostet laut dem Standard vorliegenden Unterlagen pro Normkilometer um 120.000 Euro mehr, als würde gleich ETCS-2 implementiert.

Klugar verteidigt Vorgangsweise

Bei gut 2000 Kilometer Länge hochrangigen Eisenbahnnetzes und einem Investitionsvolumen von gut 500 Millionen Euro häuft die Bahn so Millionen an Mehrkosten an. "Es ist völlig unverständlich, dass die ÖBB-Bau-AG entgegen den Empfehlungen der ÖBB-ETCS-Konzernstrategie ein älteres, aber teureres System implementiert", sagt Moser.
ÖBB-Chef Klugar verteidigt das Mischsystem als technisch notwendig. Neubaustrecken wie Unterinntal und Wien-St.Pölten würden mit Level2 ausgerüstet - mit staatlicher Förderung. Der Kaufpreis stehe noch nicht fest, Vergabe ist im Mai.

Der Rechnungshof prüft. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.4.2009)