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Beschwerden beim Bundesheer: Lage noch nicht wirklich gut, aber schon deutlich besser als früher
Wien - Das Bundesheer brauchte eigentlich mehr Geld, um zu machen, was es tut. Das sagt nicht einer der notorischen Militärschädel, das sagt der oberste externe Kontrollor des Heeres, der SPÖ-Politiker Anton Gáal. Als Vorsitzender der Bundesheer-Beschwerdekommission hat er auch im jüngsten Bericht 501 Fälle aufgelistet, wo im militärischen Dienstbetrieb Mist gebaut wurde.
Aber: Es sind deutlich weniger Beschwerden als früher. Und: "Im Vergleich zu früheren Zeiten fällt meine Beurteilung sehr positiv aus. Die Ausbildung an der Militärakademie und der Heeresunteroffiziersakademie ist deutlich besser geworden" , sagt Gáal über den Dienstbetrieb.
Andererseits findet dieser Dienstbetrieb unter immer schwierigeren Rahmenbedingungen statt.
"Jahrzehntelange Versäumnisse"
Gáal, der lange Jahre Wehrsprecher der SPÖ war, ehe er mit der parlamentarischen Bundesheer-Beschwerdekommission die Aufsicht über das Verteidigungsressort übernommen hat: "Im Bundesheer gibt es einen Nachholbedarf aufgrund jahrzehntelanger Versäumnisse. Die Reform ist zum Stillstand gekommen. All das hat mit dem Budget zu tun."
Seit Helmut Zilk hat kein SPÖ-Politiker mehr so deutlich gesagt, dass das Bundesheer mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes brauchen würde, um seine Aufgaben zu erfüllen. Das würde bedeuten, dass das Verteidigungsbudget um ein Drittel wachsen müsste - wie das auch von hohen Generalstabsoffizieren in der Vorwoche gefordert wurde.
Kritik am Finanzminister
Deren Schreiben hatte Minister Norbert Darabos nicht einmal annehmen wollen. Jetzt aber sagt er, man nehme die "Anregungen der Beschwerdekommission sehr ernst" . Das hängt auch damit zusammen, dass Gáal die Kritik an den Zuständen im Heer weg von seinem Parteifreund Darabos und hin auf Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) lenkt: "Man hat den Herrn Verteidigungsminister im Regen stehen lassen. Man muss dem Herrn Finanzminister ins Stammbuch schreiben: Es muss mehr Geld zur Verfügung stehen."
Vor allem gehe es um die Sanierung der Kasernen, die in den jüngsten Konjunkturpaketen vergessen wurden. Der Bericht der Beschwerdekommission erwähnt einen Fall, wo 100 Mann in nur zwei Schlafsälen untergebracht sind - und den Soldaten stehen nur ein Duschraum mit acht Brauseköpfen, zehn Waschbecken, sieben Pissoirmuscheln und sechs WC-Kabinen zur Verfügung. Dies ist laut Bericht kein Einzelfall. Sanierungsbedarf besteht an mindestens 23 Objekten.
In einigen Fällen gibt es auch Probleme damit, für weibliche Heeresangehörige getrennte Nassräume einzurichten.
"Mangelnde Fürsorge"
Immer wieder werden in dem Bericht unwürdige Umgangsformen zwischen Vorgesetzten und Rekruten aufgezeigt - darunter folgender Fall: Entkräftete Soldaten, die einen Wasserbehälter nicht tragen konnten, mussten diesen ausleeren, sodass Kameraden im Nassen zu sitzen gekommen sind.
Weitere Fälle von "mangelnder Fürsorge" sieht Gáals Kommission etwa im Fall eines Truppentransports, der im Winter in ungeheizten ÖBB-Wagons unterwegs war. Einem Soldaten, der eine Disziplinarstrafe zu verbüßen hatte, wurde widerrechtlich das Nationalratswahlrecht vorenthalten. Und einer ganzen Reihe von Soldaten wurde die verpflichtende Körperausbildung vorenthalten.
Apropos Körperausbildung: Die Kommission förderte zutage, dass die seinerzeit mit großem Pomp "verschenkten" Pulsmesser von den Rekruten nach dem Dienst retourniert werden müssen. (Conrad Seidl, DER STANDARD-Printausgabe, 7.4.2009)