Im Stuwerviertel und auf der Äußeren Mariahilfer Straße greift die Polizei regelmäßig minderjährige Prostituierte auf.

Foto: Heribert Corn

... – was laut Hilfsorganisationen dazu führt, dass das Problem nicht in vollem Umfang erfasst werden kann.

Im Stuwerviertel ist die Polizei derzeit drei Mal pro Woche unterwegs. „Und wir landen leider immer wieder Treffer", sagt Michael Lepuschitz, stellvertretender Leiter der sicherheitspolizeilichen Abteilung bei der Wiener Polizei. Die Beamten greifen auf dem Strich in Praternähe regelmäßig Minderjährige auf, der Großteil stammt aus Osteuropa und kam mittels Schleppern illegal ins Land.

Seit die Exekutive dort verstärkt Präsenz zeigt, ist die Zahl der Teenager, die nachts am Straßenrand stehen, zwar gesunken. Problemlösung sei das allerdings keine, sagt Lepuschitz: „Es verlagert sich dadurch nur in die Häuser." Weshalb man sich nun auch diverse Rotlichtlokale im Grätzel vornehmen will. „Im Stuwerviertel sind in den letzten Wochen bereits einige Betriebe geschlossen worden, weil man nicht zwischen Erwachsenen und Jugendlichen unterschieden hat." Das Hauptproblem sei allerdings, dass es dafür einen Markt gibt. „Und daran sind nicht nur die bösen Ausländer schuld, die die Kinder ins Land bringen, sondern auch die Freier."

Neben Minderjährigen, die aus Osteuropa nach Wien verschleppt werden, sind viele drogensüchtige Teenager aus Problemfamilien betroffen. „Sie haben oft keine Möglichkeit, legal an Geld zu kommen", sagt Martin Haiderer, Leiter der Notschlafstelle away zur Austria Presse Agentur. Rund ein Drittel der Jugendlichen, die in der Caritas-Einrichtung hinter dem Wiener Westbahnhof kurzzeitig Unterschlupf findet, prostituiert sich. Im vergangenen Jahr waren das um die 120 Kids. Das Phänomen der Kinderprostitution sei sicher in Wien fokussiert, sagt Haiderer. Es kämen auch viele Kinder und Jugendliche aus den Bundesländern in die Hauptstadt, um auf den Strich zu gehen. Sprechen wolle kaum jemand darüber. Vor allem Burschen würden ihre Situation verleugnen, obwohl sie gleichermaßen betroffen seien wie Mädchen.

Gezielte Unterstützung

Konkrete, österreichweite Zahlen zu Kinderprostitution gibt es nicht. „Da es kaum niederschwellige Anlaufstellen gibt, kommen auch wenig Betroffene – weshalb es auch keine Zahlen gibt", sagt Astrid Winkler, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz von Kindern gegen sexuelle Ausbeutung. Sie fordert „umfassende wissenschaftliche Grundlagenstudien". Nur so könne man die Opfer gezielt unterstützen.
In Wien ist eine Ausweitung des Beratungsangebots freilich nicht geplant. „Es gibt bereits einige Anlaufstellen für diese Zielgruppe, egal welchen Alters", sagt Monika Sperber, Sprecherin von Jugendstadtrat Christian Oxonitsch (SP). Innerhalb des Jugendamts unterscheide man außerdem nicht zwischen einzelnen Gewaltformen. „Das ist die geeignete Einrichtung für jede Form des Missbrauchs." (Martina Stemmer/DER STANDARD-Printausgabe, 7.4.2009)