
In der SPÖ rufen viele nach einer Vermögensbesteuerung, der Chef selbst bremst
Wien - Die Regierung lehnt die Einführung von Vermögenssteuern zur Finanzierung der Folgen der Wirtschaftskrise ab. Bundeskanzler Werner Faymann hat sich am Dienstag klar dagegen ausgesprochen. "Wir haben vereinbart, keine neuen Steuern einzuführen. Daran muss man sich halten", erklärte Faymann am Rande der Angelobung des Kärntner Landeshauptmanns Gerhard Dörfler vor Journalisten. Zum jetzigen Zeitpunkt eine Steuererhöhung zu diskutieren, davon halte er wenig.
Eine Diskussion über eine höhere Vermögensbesteuerung habe derzeit keine Priorität in Österreich. Es gelte viel eher, die Konjunktur zu stärken, die Arbeitslosigkeit zu senken und die Sparpläne umzusetzen. Die Frage der Vermögensverteilung müsse langfristig geklärt werden: "Grundsatzdiskussion ja, Aktualität nein", stellte Faymann fest. Auf europäischer Ebene müsse man sich klar darüber werden, wie man einerseits zusätzliches Geld einbringt, andererseits Maßnahmen gegen Steuerdumping setzt. "In dieser Legislaturperiode gibt es derzeit keinen Bedarf für eine Steuererhöhung", so Faymann.
Im Ö1-Morgenjournal unterstützt der Wiener Bürgermeister Michael Häupl Faymanns Argumentation: Es sei zwar das gute Recht der Sozialdemokraten, darüber nachzudenken, zusätzliche Kapitalerträge zu bekommen. Zusätzliche Steuern in einer Krisensituation bezeichnete Häupl aber als eine "mäßig gute Idee".
SP-Oberösterreich uneinig
Die SPÖ Oberösterreich ist uneins über die Absage von Bundesparteichef Kanzler Werner Faymann zur Einführung einer Vermögenssteuer. Während sich Wohnbaulandesrat und Finanzsprecher Hermann Kepplinger und Soziallandesrat Josef Ackerl für eine stärke Besteuerung von Vermögen aussprechen, stellt sich Landesparteichef Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider hinter den Bundeskanzler. Das berichteten die "Oberösterreichischen Nachrichten" in ihrer Mittwoch-Ausgabe.
Rote Gewerkschafter dafür
Unterstützung für die Steuerpläne der steirischen SPÖ kommt von den Sozialdemokratischen Gewerkschaftern (FSG). FSG-Chef Wilhelm Haberzettl fordert eine Anhebung der Vermögensbesteuerung auf das Niveau der 15 "alten" EU-Staaten. Das würde rund eine Vervierfachung der Steuereinnahmen hinauslaufen. "Bei der Vermögensbesteuerung darf es in Europa keine Unterschiede mehr geben. Nur dann wird es auch zu keinen Vermögensverschiebungen und Kapitalfluchten innerhalb der europäischen Länder mehr kommen", fordert Haberzettl.
Hundstorfer weiter dafür
Der frühere Gewerkschaftschef und nunmehrige Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zeigt sich gewohnt aufgeschlossen für Vermögenssteuern, Wertschöpfungsabgaben und ähnliches. Aber er fühle sich auch dem Regierungsprogramm verpflichtet - und darin findet sich nichts davon. Daher hält er die Steuern für nicht sofort umsetzbar und lenkt den Fokus im Ö1-Abendjournal stark auf die europäische Komponente.
Gesamteuropäische Börsen-Umsatzsteuer
In der Frage, wer die Krise bezahle, sei eine Verteilungsdebatte zu führen, betont Hundstorfer. Er sieht einen weitgehenden Konsens für eine gesamteuropäische Börsen-Umsatzsteuer. Diese sollte Teil eines europäischen Wahlmanifests sein. Spätestens für die Erstellung des Sozialbudgets 2013/14 werde man darüber diskutieren müssen.
Pröll: "Es gibt keine neuen Steuern"
Finanzminister Josef Pröll zeigte sich heute über die neu aufgeflammte Debatte wenig begeistert: "Die Diskussion zu dieser Zeit ist absolut unglücklich. Es gibt keine neuen Steuern, das ist unser Signal." Jetzt flössen einmal die drei Milliarden Euro durch die Steuerreform in die Tasche der Bürger, um das zarte Pflänzchen Konjunktur zu beleben, so Pröll. Auch für SPÖ- Finanzstaatssekretär Andreas Schieder sind derzeit andere Prioritäten zu setzen: "Konjunkturfragen, Beschäftigungs- und Kaufkraftsicherung", darauf müssen man sich konzentrieren, so Schieder heute.
Auch Lopatka dagegen
Auch Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) wies die Forderung von Boehler Uddeholm-Chef Claus Raidl nach einer Vermögenszuwachssteuer am Dienstag zurück. Er verwies auf das Ziel der Regierung, ohne neue Steuern auszukommen. Dass die Wirtschaftskrise Österreich die höchste Staatsverschuldung seiner Geschichte einbringen wird, gestand aber auch Lopatka ein: "Ich sehe das so, dass wir jetzt einfach Schulden in Kauf nehmen müssen, um massiv gegenzusteuern."
Der Chef des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, hatte am Montag gegenüber der APA darauf verwiesen, dass die Staatsverschuldung schon 2010 70 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit eine Rekordhöhe erreichen wird. Lopatka betonte bei einer Pressekonferenz am Dienstag, dass es deshalb nötig sei, schon bei der Budgeterstellung an die Zeit nach der Krise zu denken. Auch die Umsetzung einer Verwaltungsreform sei nun "unbedingt notwendig". Als erste Schritte hat sich die Regierung die Schulverwaltung und Doppelgleisigkeiten im Verwaltungsbereich vorgenommen. In einem zweiten Schritt sollen die Forschungsförderung und das Pensionssystem auf Sparpotenziale abgeklopft werden.
Nicht im Regierungsprogramm festgeschrieben
Den Vorschlag von ÖVP-Mitglied Raidl, zur Krisenfinanzierung die im Vorjahr gescheiterte Vermögenszuwachssteuer doch noch umzusetzen, lehnt Lopatka mit Verweis auf das Regierungsprogramm ab. Dort sei vorgesehen, "dass wir alles tun wollen, um ohne neue Steuern auszukommen". Diese Linie werde nicht nur von der ÖVP, sondern auch von der SPÖ mitgetragen, betonte Lopatka mit Blick auf Aussagen von Kanzler Werner Faymann (SPÖ), der dem Drängen seiner Partei nach höheren Vermögenssteuern am Dienstag eine Absage erteilt hat.
Es wäre widersinnig, die Steuern zu senken und gleichzeitig darüber nachzudenken, neue Steuern einzuführen, sagte Lopatka mit Blick auf die Anfang April in Kraft getretene Steuerreform. Außerdem versicherte der Finanzstaatssekretär, dass "99,9 Prozent" der Steuerzahler die Entlastung noch im April oder spätestens im Mai spüren werden. Er erwartet sich davon mehr Kaufkraft für die Konsumenten und damit auch eine Wirtschaftsbelebung: "Eine Steuerreform, die den Arbeitnehmern zu gute kommt, nützt natürlich auch der Wirtschaft."
Grüne kritisieren "Faymann-Kotau"
Die Opposition reagiert auf die SP-interne Steuerdebatte mit Häme. FP-Generalsekretär Herbert Kickl wirft der SPÖ vor, einen "Klassenkampf durch die Hintertür" zu führen. Er glaubt, dass eine Vermögenssteuer den Mittelstand "mit voller Wucht" treffen würde und fordert stattdessen die Abschaffung von "Stiftungsprivilegien". Auch BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz spricht von "Klassenkampf". "Vor der EU-Wahl geht es in der SPÖ drunter und drüber", kritisiert Strutz und sieht die Partei-Geschäftsführer Laura Rudas und Günther Kräuter "heillos überfordert".
Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler bezeichnet die rote Steuerdebatte als "erbärmliches internes Schauspiel". Den Kurs des Steirers Franz Voves unterstützt Kogler allerdings und übt scharfe Kritik am "Kotau" von Kanzler Werner Faymann vor der ÖVP: "Wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit, auch von den Reichsten einen Beitrag zu fordern?" Faymann nehme in Kauf, dass die Steuerzahler "doppelt für die Krise zahlen" müssen, so Kogler: Einmal jetzt durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit und ein zweites Mal in wenigen Jahren durch Sparpakete. (APA/red, derStandard.at, 8.4.2009)