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Die Arbeitsbedingungen in der IT sind für viele nicht besonders attraktiv.
"Die heimische IT-Branche findet zu wenig qualifiziertes Personal." Ein Mantra, das seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholt - und bei jeder Studie in Zahlen gegossen wird. Die Wirtschaftskammer alarmiert regelmäßig, dass Österreich als Wirtschaftsstandort in Gefahr sei, sollte der Arbeitsmarkt nicht mit Fachkräften aus dem EDV-Bereich versorgt werden. Wie sieht die Lage angesichts der Wirtschaftskrise aus? Laut Zahlen vom AMS ist die Arbeitslosigkeit unter den EDV-Technikern im März um 19,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Zum Vergleich: die Zahl der Jobsuchenden ist insgesamt um knapp 29 Prozent in die Höhe geschnellt.
2.163 auf Jobsuche
Wenn man sich die absoluten Zahlen in der IT-Branche ansieht, relativiert sich das Bild. Die Arbeitslosigkeit bewegt sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Informatiker haben nach wie vor beste Chancen, eine lukrative Beschäftigung zu finden. Laut Auskunft vom AMS waren im März 2009 um 350 Personen mehr auf Jobsuche als vor einem Jahr. Das sind insgesamt 2.163 Leute, die als arbeitslose EDV-Techniker aufscheinen. Gut die Hälfte ist in Wien beheimatet, in Vorarlberg sind es gerade einmal 40. Die offenen Stellen gingen im März 2009 auf 405 zurück. Ein Minus von 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
3.800 Fachkräfte fehlen
Einer in den letzten Wochen veröffentlichten Studie von METIS zufolge ist Österreich mit einem akuten IT-Fachkräftemangel konfrontiert. In den nächsten drei Jahren werden fast 3.800 IT-Positionen nicht mehr besetzt werden können, heißt es. 40 Prozent der Firmen prognostizieren einen steigenden Bedarf. Die österreichische IT-Branche zählt rund 15.600 Unternehmen mit 63.000 Beschäftigten. Jährlich werden es um rund 15 Prozent mehr. Wenn man die Ergebnisse der Untersuchung auf die momentan herrschenden wirtschaftlichen Gegebenheiten adaptiert, dann ist das Problem nicht mehr ganz so akut. Die Nachfrage an Arbeitskräften verringere sich um 15 bis 20 Prozent, so die Autoren.
63.000 in Schulungen
Beim AMS betont man, dass die Schulungen in Sachen Informationstechnologie in nächster Zeit forciert werden sollen. Im März waren in Österreich 334.000 Personen ohne Arbeit, fast 63.000 davon befinden sich in Kursen. Kurse, aus denen die fehlenden EDVler hervorgehen könnten? Beim AMS gibt man sich keiner Illusion hin. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage könne nicht geschlossen werden. Bei den meisten Kursen handle es sich lediglich um die Vermittlung von Basiskenntnissen. Hochspezialisiertes Wissen könne nicht in wenige Wochen oder Monate hineinverpackt werden.
Umschulungen müssten auf freiwilliger Basis erfolgen. Und die Bereitschaft hält sich laut AMS in Grenzen, denn die Attraktivität der IT geht mit den guten Jobperspektiven nicht konform. Laut einer Umfrage sieht nur ein Fünftel der unter 30-Jährigen diese Branche als interessantes Betätigungsfeld. Und das obwohl rund drei Viertel der Meinung sind, dass solche Jobs an Bedeutung gewinnen werden.
Besser, aber nicht gut
Ist am heimischen IT-Sektor nach dem Konjunktureinbruch alles im grünen Bereich? "Nein", meint Robert Fitzthum, der eine gleichnamige Management Consulting-Firma führt. Er veröffentlicht jedes Quartal einen Indikator über Entwicklungen im IT-Bereich. Durch die Krise sei die Situation "etwas lockerer" geworden. Einen Fachkräftemangel konstatiert er noch immer. "Vor allem im Bereich der Softwareentwicklung und der Systembetreuung" gebe es nach wie vor zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte, so Fitzthum zu derStandard.at. In Österreich herrsche ein struktureller Mangel, der derzeit nur durch die abgeschwächte Konjunktur kaschiert werde.
Fitzthum berichtet, dass in Deutschland die IT-Stellen- und -Projektangebote in letzter Zeit um 30 Prozent zurückgegangen sind. Zahlen in dieser Größenordnung befürchtet er auch für Österreich. Im vierten Quartal 2008 gab es schon ein Minus bei den Jobangeboten. Zwar nur um fünf Prozent. Ein klares Signal, dass es abwärts geht, so der Personalberater.
Ausbildung ankurbeln
"Nicht nachlassen", appelliert Fitzthum und meint damit die Ausbildung im IT-Sektor. "Der Bedarf an Fachpersonal ist steigend." In den nächsten Jahren würden viele neue Jobs entstehen. Defizite ortet er vor allem in der Menge der Ausbildungsstätten. "Die müsste man verdoppeln", ist Fitzthum überzeugt, dass sich dann mehr Leute für den Beruf entscheiden würden.
Zuzug aus dem Ausland
Ein weiterer Punkt sei auch der Zuzug aus dem Ausland: "Man sollte generell versuchen, hochqualifizierte Leute nach Österreich zu holen", sagt Fitzthum. Da brauche es einen Paradigmenwechsel. Derzeit würden die Leute eher "vergrault". Vor allem wenn man sich Forderungen wie jene von Innenministerin Maria Fekter vor Augen halte, dass Ausländer schon vor der Einreise nach Österreich Deutschkenntnisse nachweisen müssen. Das sei wirtschaftlich und menschlich kontraproduktiv, glaubt Fitzthum. (om, derStandard.at, 7.4.2009)