Jakarta/Wien - Wenn auf den mehr als 6.000 bewohnten Inseln Indonesiens am Donnerstag das Parlament gewählt wird, stehen den mehr rund 150 Millionen registrierten Wählern rund 12.000 Kandidaten und mehr als drei Dutzend Parteien zur Wahl. Der größte Inselstaat der Erde ist zugleich das weltweit bevölkerungsreichste muslimische Land, die stärkste Wirtschaftsmacht Südostasiens und die drittgrößte Demokratie weltweit - ein Land der Superlative. Als Favorit geht die säkular-zentristische Partei von Staats- und Regierungschef Susilo Bambang Yudhoyono ins Rennen.

Den von der "Jakarta Post" zitierten Umfragen zufolge unterstützen zwischen 20 und 27 Prozent der Wahlberechtigten Yudhoyonos Demokratische Partei (PD). Das ist eine denkbar gute Ausgangslage für die Präsidentschaftswahlen am 8. Juli, denn es dürfen nur Kandidaten antreten, die von Parteien unterstützt werden, die mehr als 25 Prozent der Stimmen erreichen oder ein Fünftel der 550 Sitze im Abgeordnetenhaus. Vor fünf Jahren stimmten nur 7,5 Prozent für das spätere Herzstück von Yudhoyonos Regenbogenkabinett. Inzwischen wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für das Antreten von Kandidaten weiter verschärft.

Partei der Suharto-Diktatur

Etwa gleichauf mit rund 15 Prozent Zustimmung folgen gemäß den Umfragen die nationalistisch-säkulare PDI-P (Demokratische Partei des Kampfes) von Ex-Präsidentin Megawati Sukarnoputri und Golkar (Golongan Karya, "Funktionelle Gruppen"), die Partei der Suharto-Diktatur und politische Heimat von Vizepräsident Yusuf Kalla. Die orthodox-islamische Gerechtigkeits- und Wohlfahrtspartei (PKS) strebt 10 bis 14 Prozent der Stimmen an, dürfte aber eher die untere Marke erreichen.

Nur fünf weitere der insgesamt 38 antretenden Parteien nehmen den Umfragen zufolge die 2,5-Prozent-Hürde für den Einzug ins Abgeordnetenhaus: Neben der moderat islamischen Vereinigten Entwicklungspartei (PPP) sind dies auch die im vorigen Jahr von Suhartos Ex-Schwiegersohn Prabowo Subianto gebildete populistisch-nationalistische Gerindra (Bewegung) sowie die ebenfalls junge Hanura-Partei von Ex-Armeekommandant Wiranto, der von einem Sondertribunal der Kriegsverbrechen im Osttimor-Konflikt beschuldigt wurde.

Obwohl über 80 Prozent der Indonesier Muslime sind und Zehntausende jüngst der PKS in einem Stadion von Jakarta zujubelten: Gemeinsam kommen die untereinander konkurrierenden islamisch orientierten Parteien aller Voraussicht nach auf nur etwa 20 Prozent - gegenüber 38,4 Prozent von 2004. Besorgte Stimmen malten die Islamisierung der mehrheitlich sunnitischen und gemäßigt-muslimischen Bevölkerung an die Wand und sehen deren Widerhall in der Politik in der Einführung der Scharia im Unruhe-Gebiet von Aceh sowie in einem verschärften Pornografiegesetz.

Amin Abdullah, Rektor der staatlichen Islamischen Universität in Yogyakarta (Java), meinte im Gespräch mit der "Financial Times", die steigende individuelle Gläubigkeit könne nicht in die Beliebtheit von Parteien überführt werden. Abgesehen von aktuellen Vorwahlbefragungen weist auch eine Umfrage des nationalen Meinungsforschungsinstituts LSI vom Vorjahr in diese Richtung: Weniger als ein Prozent der Befragten sehen Moralität und Religion demnach als ein dringendes Problem für die Regierung, 78 Prozent nennen die Wirtschaftslage.

Genau dort liegt die Stärke des früheren Vier-Sterne-Generals Yudhoyono, der auf eine satte Zustimmungsrate von rund 45 Prozent verweisen kann und dem zugetraut wird, die 20 Prozent Unentschlossenen im letzten Moment auf seine Seite zu holen. Seit er bei der ersten Direktwahl 2004 zum Präsidenten gewählt wurde, wurde das Wirtschaftswachstum von etwa dreieinhalb auf über sechs Prozent angekurbelt, einige aufsehenerregende Korruptionsfälle vor Gericht gebracht und dem Terrorismus, der die mehrheitlich hinduistische Ferieninsel Bali seit 2002 mehrfach in Angst und Schrecken versetzt hatte, der Kampf angesagt.

Gerne verweist Yudhoyono auch auf das Friedensabkommen von 2005 für die jahrzehntelange Bürgerkriegsregion Aceh im Nordwesten von Sumatra. Im Jahr nach dem verheerenden Tsunami schworen die Rebellen dem Separatismus ab und Aceh erhielt ein Autonomie-Statut, demgemäß auch lokale Parteien zur Parlamentswahl antreten dürfen. Nach mehreren mit dem indonesischen Militär in Verbindung gebrachten Morden vor den Wahlen und Rufen des Gouverneurs nach EU-Wahlbeobachtern wird der Urnengang in Aceh auch als Test für den Frieden gesehen.

Entschieden wird am Donnerstag auch über die 128 Sitze der zweiten Parlamentskammer, der Regionalvertretung. Im südostasiatischen Land der Superlative hoffen 1,5 Millionen Kandidaten auf ihren Einzug in Regional- und Kommunalvertretungen. (APA)