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Problematisch seien die oft irreführende Werbung und die Beratung. Die AK sprach sich deshalb für eine "Ampelkennzeichnung" bei Finanzprodukten und für deutschsprachige Kapitalmarktprospekte aus.

Foto: APA/DPA/Burgi

Wien - Seit Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 laufen bei der Arbeiterkammer (AK) die Telefone heiß. Die AK-Beratungen rund ums Geld haben sich seit Oktober verdoppelt. "Die Finanzprodukte werden immer komplizierter", kritisierte Harald Glatz, Leiter der Abteilung Konsumentenpolitik bei der AK Wien. Problematisch seien auch die oft irreführende Werbung und die Beratung. Die AK sprach sich deshalb für eine "Ampelkennzeichnung" bei Finanzprodukten und für deutschsprachige Kapitalmarktprospekte aus.

Im Vorjahr verzeichneten die Arbeiterkammern rund 50.000 Anfragen zu Finanzdienstleistungen und -produkten, so Glatz. Seit Jänner 2009 drehen sich die Anfragen vor allem um die Einlagensicherung bei Sparbüchern, um Verluste bei Fondspolizzen und Wertpapieranlagen, aber auch um Ansparprodukte im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten.

Gestiegene Nachfrage

In den vergangenen zehn Jahren sei die Nachfrage nach Finanzprodukten massiv gestiegen. Die Politik habe sich aus der Altersvorsorge zurückgezogen, parallel dazu seien Wertpapiere und Co. "aggressiv verkauft" und teils irreführend beworben worden. Die Produkte seien vielfach so gestaltet worden, dass sie für die normalen Anleger unverständlich sind.

"Die Finanzprodukte sollen konsumentengerechter werden", so Glatz. Mehr Sicherheit brauche es vor allem bei Altersvorsorge-Produkten. Auch mehr Flexibilität, etwa kürzere Mindestbindungsfristen, sei nötig. "Oft kommt man kaum raus", kritisierte der AK-Experte.

Mehr Transparenz

Besonders wichtig sei mehr Transparenz. In der Werbung würden die Papiere vielfach gleich einem Sparbuch dargestellt, auch im Verkaufsprospekt überwiegen die Positiva. Der Kapitalmarktprospekt der ehemaligen Meinl European Land (MEL, heute Atrium Real Estate) etwa umfasse 270 Seiten in schwer verständlichem Wirtschaftsenglisch. Der Konsument könne das nicht durchackern, und "natürlich, der Verkäufer liest das auch nicht", so Glatz.

Die AK habe in der Causa Meinl einige Musterverfahren für geschädigte Kleinanleger gegen Anlageberater laufen, die die Geprellten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche unterstützen sollen. Eine Klage richte sich gegen die Meinl-Bank-Vetriebstochter Meinl Success und je zwei gegen die Finanzvertriebe OVB und EFS, sagte Glatz. Auch gegen die Meinl Bank selbst plant die AK ein Verfahren wegen Schadenersatzes, sagte Christian Prantner von der Abteilung Konsumentenpolitik bei der AK Wien. Das Musterverfahren im Sinne eines Konsumenten soll in den nächsten Wochen finalisiert werden, so Prantner. "Dann hoffen wir auf die Gruppenklage."

Weiters führe die AK ein UWG-Verfahren wegen irreführender Werbung gegen die Meinl Bank und die Success. Kürzlich habe der Oberste Gerichtshof (OGH) "einige wesentliche Aussagen" in dem Verkaufsprospekt als irreführend bestätigt. Laut dem Gericht hat Meinl nicht ausreichend auf die Risiken hingewiesen. "Die Beklagten führen das Publikum glatt in die Irre", so der OGH laut Glatz.

AK will selbst beraten

Im Vorjahr hat die AK 83 Inserate zu Fonds, Aktien und anderen Produkten analysiert, wobei ein Fünftel der untersuchten Anzeigen mit konkreten Performance- oder Renditekennzahlen geworben habe. Es habe sich gezeigt, dass bei den "Gewinnangaben" unterschiedliche Zeiträume angegeben wurden. "Die Gewinnmöglichkeiten werden schön und klar dargestellt, die Risiken stehen im Kleingedruckten", so Glatz. Außerdem sei für Fonds geworben worden, deren Anteile man gar nicht mehr kaufen konnte.

Derzeit führt die AK außerdem eine Erhebung bei Finanz-Vertriebsfirmen und Bank-Beratern durch. Unter anderem werde untersucht, ob die Verkäufer auf Kunden-Anfrage ihre Provisionen offenlegen, so Christian Prantner. Die Erhebung soll im Juni abgeschlossen sein.

Die AK sprach sich neben deutschsprachigen Kapitalmarktprospekten auch für eine ein- bis zweiseitige Zusammenfassung des Prospekts aus. Auf diesem sollten Vor- und Nachteile des jeweiligen Produkts übersichtlich dargestellt sein. Eine Art "Ampelkennzeichnung", also eine einheitliche Kategorisierung nach Risiko, wäre ebenso wünschenswert, sagte Glatz. Zudem verlangte die AK, dass die Kapitalmarktprospekte zentral im Internet abrufbar sind. Gebe es mehr Transparenz, könnte das Problem der schlechten Beratung gemildert werden, glaubt der Verbraucherschützer. "Wenn sich die Konsumenten selbst im Klaren sind", würde dies auch Bank-Beratern helfen. Auch eine Genehmigungspflicht - wie etwa bei Arzneimitteln, "wäre denkbar".

Checkliste für Konsumenten

Eine Checkliste für Konsumenten, wie sie die deutsche Verbraucherzentrale herausgebracht hat, könnte den Kunden helfen, dass sie bei der Beratung die richtigen Fragen stellen. Glatz wünscht sich weiters eine unabhängige Beratungsstelle, die bei der AK oder beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) angesiedelt werden sollte. Die Mittel sollten die Finanzdienstleister und die Banken zur Verfügung stellen. "Die Leute kommen ja zu uns", so der AK-Experte. Interessenten sollen sich, so Glatz' Idee, bei der AK oder beim VKI vorinformieren können. Konkrete Pläne gebe es noch nicht.

Klare und einheitliche Richtlinien für Finanzprodukt-Werbung stehen ebenfalls auf der AK-Forderungsliste. Ein anderer wichtiger Punkt sei die rasche Umsetzung des Regierungsübereinkommens zu Gruppenklagen. Damit können sich mehrere Verbraucher zusammenschließen, um gemeinsam - und damit billiger - gleichartige Ansprüche gegen dasselbe Unternehmen einzuklagen. Die Sammelklage, wie sie etwa der VKI gegen den AWD anstrengt, sei nur eine Hilfskonstruktion mit dem Nachteil, dass sie nur mit einem Prozessfinanzierer durchgeführt werden könne. (APA)