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28.000 Menschen sind nach dem Beben in der Region Abruzzen obdachlos. Viele sind traumatisiert und fürchten, monatelang in Zelten leben zu müssen. Im Lager fünf am Stadtrand von L'Aquila ist die Stimmung verzagt - Von Gerhard Mumelter aus L'Aquila

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Als gastlich kann man den Ort kaum bezeichnen. Zwar weidet auf der sattgrünen Wiese jenseits der Straße eine Schafherde und einige zögernd blühende Obstbäume erzeugen erste Frühlingsstimmung...

Foto: REUTERS/Alessia Pierdomenico

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... Doch das Lager fünf liegt zwischen einer Industriehalle und einer Umfahrungsstraße am Nordrand der Stadt L'Aquila.

Foto:APA/ ALESSANDRO DI MEO

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Die blauen Zelte des Zivilschutzes säumen einen asphaltierten Parkplatz, das Gerüst an der Baustelle daneben ist beim Beben umgestürzt.

Foto: AP/Luca Bruno

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Zwischen den Schlaf- und Esszelten ...

Foto: AP/MAURIZIO BRAMBATTI

... spielen Kinder, ...

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... vor der Mensa hat sich eine kleine Schlange gebildet.

Foto: AP/Luca Bruno

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Einige Frauen schützen sich mit aus Zeitungspapier gefalteten Hüten vor der ungewohnt starken Sonne. Carla Ciccani trägt ihr Tablett ins Zelt:

Foto: APA/AP Photo/Luca Bruno

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Lachs und Spinat, Pasta mit Tomatensauce, eine Scheibe Brot, Mineralwasser. Wie sie sich jetzt fühlt? Die 42-jährige bricht in Tränen aus, blickt auf den Boden. "Un vuoto immenso", schluchzt sie. "Ein immense Leere".

Foto: AP/MASSIMILIANO SCHIAZZA

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Der elfjährige Sebastiano nimmt die Hand der Mutter und hält sie fest. "Wünsche?," fragt sie. "Welche Wünsche denn? Unsere Wünsche sind aufgebraucht, unser ist Haus zerstört."

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Die Großmutter nickt schweigend. Die Kinder, versichert Carla, schafften das alles ganz unbewusst. Sie sind voller Spontaneität und haben das Leben vor sich.

Foto: REUTERS/Giampiero Sposito (

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28.000 Menschen, hieß es am Mittwoch, seien durch das Beben, das mit einer Stärke von 6,3 auf der Richterskala am Montag Mittelitalien erschütterte, obdachlos geworden.

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Etwa 10.000 sind in Hotels an der Adria einquartiert worden, ...

Foto: APA/CHRISTIANO CHIODI

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... rund 17.700 in Zeltstädten, die vom Zivilschutz betreut werden.

Foto: Marco Di Lauro/Getty Images

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Einer der tausenden Helfer ist Franco Gregoretti, der gerade die Zeltleinen im Boden verankert. Der 68-Jährige aus Udine stellt sich als Veteran des Zivilschutzes vor. Seine ersten Erfahrungen sammelte er beim schweren Beben im heimatlichen Friaul. "Die gesamte Mannschaft hier kommt aus Udine. Wir verfügen über viel Erfahrung und sind ein eingespieltes Team." Man sieht den Männern die Anstrengung der vergangenen Tage an. "Grundbedürfnisse wie Essen und Schlafen müssen hier zurückstehen", erklärt er. "Am Sonntag werden wir abgelöst und holen das Versäumte nach."

Foto: REUTERS/Chris Helgren

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Auch die traumatisierten Lagerbewohner zollen dem Zivilschutz großes Lob. "Sie tun, was sie können. Wunder dürfen uns hier nicht erwarten. Wir haben in der Nacht trotz der Decken gefroren und in den Zelten gibt es kein Licht," klagt Anna Rita.

Foto: REUTERS/Giampiero Sposito

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Ennio Di Stefano bewohnt Zelt Nummer sieben. "Ich wurde in dem Chaos von meiner Frau und meinen Kindern getrennt", erzählt er. Morgen will er in deren Lager übersiedeln. "Meine Mutter ist auf den Rollstuhl angewiesen. Nach dem Erdstoß habe ich bei ihr ausgeharrt. Das Stiegenhaus war verschüttet. Wir mussten auf Hilfe warten." Das Haus des 58-Jährigen ist zerstört, seine Bar ebenfalls. "Was ich wünsche? Ich möchte die Menschen wieder lachen sehen."

Foto: REUTERS/Max Rossi

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Zwei Frauen seien letzte Nacht beim ersten Erdstoß aus dem Zelt geflüchtet, erzählt Ennio.

Foto: AP/Luca Bruno

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"Es ist absurd. Aber das Beben ist wie eine Psychose, die man nicht mehr los wird."

Foto: REUTERS/Chris Helgren

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Vom Lager kann man nur einen Teil L'Aquilas sehen, in dessen zerstörter Innenstadt 42 Stunden nach dem Beben eine 20-Jährige Studentin lebend geborgen werden konnte.

Doch Meldungen wie diese sind selten. Die Zahl der Opfer stieg am Mittwoch auf 260, darunter 16 Kinder.

Foto: REUTERS/Giampiero Sposito

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Eine kleine Gruppe Obdachloser blickt wortlos in die Senke von L'Aquila, wo sich die scharfen Konturen der geborstenen Kuppeln von den gleißenden Schneefeldern der Berge abheben. "Das", seufzt Ennio leise, "ist eine Stadt ohne Zukunft." (Gerhard Mumelter aus L'Aquila, DER STANDARD Printausgabe 9.4.2009)

Foto: APA/GUIDO MONTANI