Wien - Die Causa der schief gelaufenen Leasinggeschäfte der Steirischen Hypo, konkret die von ihren Leasingtöchtern, beschäftigt die Staatsanwaltschaft Graz noch immer recht intensiv. Der nun mit der Sache befasste Ankläger, Wolfgang Rettenbacher, studiert derzeit ein Ergänzungsgutachten zu der Angelegenheit, die vor ziemlich genau zwei Jahren publik geworden ist.
Die Leasinggesellschaften der Landes-Hypothekenbank Steiermark AG (75 Prozent gehören der Raiffeisen Landesbank Steiermark, der Rest dem Land) haben ab 1996 ihr Leasinggeschäft in Kroatien aufgebaut, 2001 eine Tochter vor Ort gegründet. Die Deals, von wenigen Vermittlern eingefädelt, wuchsen so rasch wie die Schulden der Kunden. Nur 15 Prozent aller Leasingraten wurden letztlich bezahlt. Die Bank erstattete Anzeige, tauschte das Management aus, gegen die Ex-Leasingmanager Peter S. und Franz F. läuft ein Verfahren wegen Betrugsverdachts am Landesgericht Graz (21 St 9/08 i).
In einem ersten Gutachten im Vorjahr hatte der Grazer Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner (er war auch Bawag-Gutachter) den Schaden errechnet: 148 Mio. Euro; plus 40 Mio. Euro für Schäden aus von Graz aus getätigte Deals. Verleast hat die Hypo-Leasing so gut wie alles: Abgesehen von gebrauchten Autos ohne offiziellen Kilometerstand auch Türen, Fenster, Heizräume, Kaffeemaschinen und Badezimmer mit Duschkabinen, laut Gutachten „gar nicht leasingfähig".
Das Ergänzungsgutachten befasst sich nun mit der Basis für die juristisch heikle Frage, ob der Ausfall der Rückzahlungen von Leasingraten für die beiden beschuldigten Ex-Manager erkennbar war. Und wenn ja, ab wann sie „aus betriebswirtschaftlicher Sicht" keine neuen Leasingverträge mit den betreffenden Vermittlern hätten abschließen dürfen. Des weiteren galt es zu eruieren, welcher Schaden verhindert hätte werden können, wenn die Manager rechtzeitig die Reißleine gezogen hätten.
Leasing-Auftrag für Leasing-Auftrag und die Geschäfte jedes einzelnen Vertreters wurden im 224 Seiten umfassenden Gutachten samt den bilanziellen Auswirkungen durchleuchtet - die Schlussfolgerungen daraus sind nicht eben ermutigend für die Beschuldigten, für die natürlich die Unschuldsvermutung gilt.
Mutter musste haften
Schon die ökonomische Lage der Unternehmen war alarmierend. Die Hypo Kfz wies von 2001 bis 2005 jedes Jahr ein negatives Eigenkapital aus (2005: minus 33,2 Mio. Euro), die Hypo Mobilien ebenso (bis zu acht Mio. Euro). Geheimnis war das keines, denn: „Patronatserklärungen (Garantien; Anm.) der finanzierenden Muttergesellschaft wurden notwendig". Und: Geschäfte ab 600.000 Euro mussten vom Hypobank-Vorstand abgesegnet werden.
Beide Gesellschaften schrieben Jahr für Jahr Verluste, die Hypo Kfz musste von 2000 bis 2005 hohe Wertberichtigungen vornehmen (2001 waren es drei, 2005 bereits 20 Mio. Euro), ebenso die Mobilien-Leasinggesellschaft. Die Schlussfolgerung des Gutachters: „Die extrem negative bilanzielle Entwicklung ... wäre ohne weiteres ersichtlich gewesen". Umso mehr als der Wirtschaftsprüfer der Hypo Steiermark Kfz im März 2003, Dezember 2004 und Dezember 2005 „von seiner Redepflicht wegen Überschuldung ... Gebrauch machte" und Ende 2005 bereits von „Bestandsgefährdung" gesprochen habe. Kleiner kritisch: Trotz negativer Geschäftsentwicklung „wurden die Geschäfte in vollem Umfang und unbeirrt weitergeführt".
Transparent sei das also alles gewesen, „bereits Ende 2001 war die Gefahr erkennbar, und bis Ende 2002 stand endgültig fest, dass das Cross-Border-Leasinggeschäft regelmäßig Verluste abwerfen wird. ... Dass sich an der negativen Entwicklung ... etwas ändern könnte, wenn nach dem 31. 12. 2002 weiterhin neue Leasinggeschäfte mit Kunden aus Kroatien ... abgeschlossen werden, war rechnerisch nicht zu begründen".
So habe es zwischen 2001 und 2005 keinen Vermittler gegeben, „dessen Kunden das EGT nicht negativ beeinflusst hätten". Schon der Anstieg der Forderungen 2001 (um 3,1 Mio. Euro) hätten die Verantwortlichen als „entscheidendes Alarmzeichen" werten müssen. Kleiners Schluss daraus: „Ende 2001 ist die Gefahr erkennbar gewesen, Ende 2002 stand endgültig fest, dass die Fortführung der Leasinggeschäfte ... über den 31. Dezember 2002 hinaus unternehmenspolitisch und einfach rechnerisch nicht zu begründen ist."
Letztlich rechnet der Gutachter jenen Schaden vor, der bei rechtzeitigem Drücken der Stopptaste vermieden hätte werden können. Maximal seien das 45,7 Mio. Euro gewesen, mindestens immer noch 34,1 Mio. Euro. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.4.2009)