Grafik: STANDARD
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Wien - Kanzler und Vizekanzler waren sich einig. Eine Diskussion über eine höhere Vermögensbesteuerung sei in dieser Legislaturperiode nicht nötig. Bundespräsident Heinz Fischer sieht das anders. "Ich begrüße es, dass das Thema einer gerechten Lastenverteilung in grundsätzlicher Weise diskutiert wird" , sagte er am Donnerstag zum Standard. Für ihn sei es ein "politisches Credo, soziale Gerechtigkeit und soziale Balance als wichtiges Staatsziel zu betrachten" . Auf Einzelheiten wollte der Bundespräsident allerdings nicht eingehen.
Die Umverteilungsdiskussion scheint damit jedenfalls prolongiert. Vereinzelt schließen sich mittlerweile auch ÖVP-Politiker der Debatte an. Am Mittwoch war es der Salzburger ÖVP-Arbeitnehmerflügel ÖAAB, am Donnerstag kritisierte der Kärntner ÖAAB das offizielle Nein der Partei zur Einführung einer Vermögenszuwachssteuer. 

ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon versuchte im Gespräch mit dem Standard die Position zurechtzurücken. Angesichts der Wirtschaftskrise hält er eine Debatte zum jetzigen Zeitpunkt für "falsch" . Allerdings: "Wenn wir in zwei, drei Jahren ans Aufräumen der Wirtschaftskrise gehen, wird sich die Frage stellen, wie werden die Lasten verteilt." Amon: "Dann müssen wir uns auch Gedanken machen, ob wir eine Transaktionssteuer nur im europäischen Gleichklang einführen. Diese Botschaft höre ich seit Langem. Die Frage ist, ob nicht mal jemand beginnen muss." Zu diskutieren sei auch, ob gewisse Finanzprodukte nicht verboten werden sollten. Und: "Je kurzfristiger die Gewinnmaximierung, desto höher könnte die Besteuerung sein" , sagt Amon.

Tiroler SPÖ kritisiert Kanzler

Mit dieser Mittelfrist-Perspektive findet Amon in anderen Landesgruppen des ÖAAB Unterstützung. "Wenn der Staatshaushalt Mehreinnahmen braucht, dann könnte das einen Variante sein" , sagt Vorarlbergs ÖAAB-Chef Rainer Gögele zur Vermögenszuwachssteuer. Der Wiener ÖVP-Klubchef und ÖAAB-Obmann Matthias Tschirf meint, im Zuge eines großen Umbaus des Steuersystems, bei dem auch Energie höher belastet und der Faktor Arbeit entlastet werde, könne man darüber reden.

Aber auch in der SPÖ reißt die Diskussion nicht ab. Er unterstütze die Linie des steirischen Landeshauptmanns Franz Voves voll, sagte Kärntens Gesundheitslandesrat Peter Kaiser am Donnerstag. Voves hatte die Diskussion durch die Vorlage eines Entwurfes für ein neues SPÖ-Wirtschaftsprogramm gestartet. Das Faymann-Argument, neue Steuern seien nicht im Regierungsprogramm vorgesehen, wird auch von der Tiroler SPÖ abgelehnt. Der Kanzler solle sich überlegen, von wem er gewählt wurde, sagte Tirols SP-Klubobmann Ernst Pechlaner.
Infrastrukturministerin Doris Bures rückte zur Verteidigung aus. "Das ist kein Programm. Das ist ein Konzept, über das in der Partei zu diskutieren ist." Als Fall von Kindesweglegung sieht sie das nicht: "Das ist noch kein Kind. Das ist im besten Fall ein Embryo." Jetzt werde in der Partei einmal ausgiebig diskutiert und dann werde es an dem Papier sicher Veränderungen und Ergänzungen geben.

Die Grünen wollen nun den Druck auf Rot und Schwarz erhöhöhen. Parteichefin Eva Glawischnig kündigte Initiativen in allen neuen Landtagen an. Im Nationalrat wollen die Grünen ein Drei-Säulen-Modell beantragen. Die Bausteine: Vermögenssteuer, Vermögenszuwachssteuer und Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. (Günther Oswald, Peter Mayr, Luise Ungerboeck/ DER STANDARD-Printausgabe, 10. April 2009)