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Symbolbild
Wien - Mit ihren knalligen Farben und charakteristischen Mustern gelten die industriell gedruckten Batikstoffe der südghanaischen Frauen für EuropäerInnen traditionell als "afrikanisch". Die "Wachsdrucke" (Wax Prints) stammen aber ursprünglich aus Europa und Indonesien. Die "komplexe, globale" Geschichte dieser Textilien erhob Silvia Ruschak vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien in ihrer Dissertation. Die kulturelle Biografie der Stoffe ist eines von 13 Projekten, die bei der Schau "Wissenschaft ist jung" von der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien vorgestellt werden. Die Eröffnung ist am 21. April.
Die Geschichte der Wax Prints, der traditionellen, industriellen Stoffe in Ghana, beginnt laut Ruschak in der ersten Hälfte der 19. Jahrhunderts. "Sie ist das Resultat kolonialer und globaler Verflechtungen", so die Wissenschafterin. Niederländische Fabrikanten versuchten damals, die in Java durch Handarbeit hergestellten Batiken in den Niederlanden zu reproduzieren. Doch die industriell gefertigten Kopien entsprachen in ihrer Farbgebung nicht jenen der javanischen Batiken, daher mit ihnen der indonesische Markt nicht zu erobern.
Ab 1960 wurden Wax Prints zu modischer Kleidung
Die mit Stoffen beladenen niederländischen Schiffe machten auf ihrem Weg nach Indonesien auch Station an den Handelsniederlassungen an der Goldküste (heute Ghana). Hier fanden die für Indonesien bestimmten Stoffe großen Anklang. Die Niederländer witterten ihre Chance und "stimmten Farben und Muster der Stoffe auf die ästhetischen Erwartungen der dortigen Käufer ab", so Ruschak. Bis zur Unabhängigkeit Ghanas 1957 waren Wax Prints bereits über das Land hinaus beliebt und hatten sich zu "einem Aushängeschild nationaler Identität entwickelt, die vor allem von Frauen repräsentiert wurde". Ab Mitte des 20. Jahrhunderts entstand eine eigene Textilindustrie in Ghana - in Zusammenarbeit mit u.a. niederländischen Firmen. Seit den 1960er Jahren werden die Wax Prints zu modischer Kleidung "in sich häufig ändernden Schnitten" verarbeitet, so Ruschak.
"Auch vermeintlich traditionelle Stoffe und Kleidungsstile sind weder statisch noch ahistorisch, sondern konstantem Wandel unterworfen", schließt die Wissenschafterin aus ihrer Untersuchung. Die facettenreiche Geschichte der Stoffe zeige, "wie die globale Geschichte der Ware Waxprints eurozentristische Theorien zu Mode und Kleidung widerlegt." So werde zwar Mode als ein dynamisches Phänomen und Zeichen für hoch industrialisierte Gesellschaften gesehen, "doch auch in Afrika ist die Mode beweglich wie in Europa und Nordamerika." (APA)