Andrea Breth: auch im Gespräch spröde.

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Wien/Berlin - Ihre ingeniöse Probenarbeit, aus der in den vergangenen 25 Jahren einige der klügsten und texttreuesten, aber auch sprödesten Theaterproduktionen in Bochum, Berlin, Salzburg und Wien hervorgegangen sind, vergleicht die deutsche Starregisseurin Andrea Breth (56) "gern mit Schichtkäse oder mit Baumkuchen": Indem sie die Schauspieler allein durch ihre vertrauensvoll prüfende Anwesenheit zur Freisetzung von Fantasie ermuntere, wachse auf den Proben "so nach und nach" etwas an.

In dem neuen Interviewband, den Breth mit der Berliner Journalistin Irene Bazinger erarbeitet hat ("Frei für den Moment. Regietheater und Lebenskunst", verlegt bei Rotbuch in Berlin), entsteht in groben Skizzen das Bild einer Unzeitgemäßen.

Breth, Darmstädter Tochter aus gutbürgerlichem Haus, pflegt noch in persönlichsten Lebensfragen die Kunst des Understatements. So zögerlich sie etwa ihre Homosexualität thematisiert - der Glutkern ihres unvergleichlichen Schaffens bleibt im Schatten einer protestantischen, auf das jeweils zu inszenierende Werk streng zentrierten Arbeitsethik. Breth ist ein Kind des 19. Jahrhunderts. Ihre Konzentration auf Schiller, Kleist oder Dostojewski verrät einen wohltuend unzeitgemäßen Offenbarungsglauben: Nur in der Freilegung eines untergründig gemeinten "Textsinns" erfährt Breth jene heilsame Irritation, die sie zur Inszenierungsarbeit drängt.

Das Aufflackern ihrer Depressionskrankheit mag sie an der Verwirklichung ihres "Wallensteins" an der Burg gehindert haben. Breth als Gesprächspartnerin bleibt bis zur Knochensprödigkeit unsentimental; immerhin teilt sie mit, dass sie mit Elfriede Jelineks Werken nichts anzufangen wisse: Sie traue "der Sache nicht über den Weg". Breth wird unter Hartmann wieder inszenieren. Beigepackt ist dem Band u. a. ein Langgedicht des Linzer Dichters Christian Steinbacher. (Ronald Pohl, DER STANDARD/Printausgabe, 11./12.04.2009)