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Foto: dpa/Kay Nietfeld

Ein ungeschriebenes Gesetz, das primär im Mannschaftssport lange Zeit Gültigkeit besaß: 24 Stunden vor einem sportlichen Großereignis ist der Coitus ein absolutes Tabu. Der Grund: Dem Liebesspiel wurde unterstellt, dass es der körperlichen Leistungsfähigkeit eines Sportlers höchst abträglich wäre. Der brasilianische Trainer Luiz Felipe Scolari nahm es damit besonders ernst und erteilte seiner Mannschaft während der Fußball-WM-Endrunde in Südkorea und Japan 2002 darum strengstes Sexverbot.

Diese Enthaltsamkeit wurde redlich belohnt und dennoch hat sein Nachfolger Carlos Alberto Perreira die Zügel erheblich gelockert und seinen Spielern die Erlaubnis zum Sex vor und während der Wettkampfzeit ganz offiziell erteilt. Ob Brasilien allerdings deshalb 2006 im Viertelfinale gegen Frankreich ausgeschieden ist, lässt sich nur schwerlich beweisen.

Energieverlust mit Folgen?

Natürlich, jeder weiß, dass Sex nicht nur Vergnügen bereitet, sondern mitunter auch ziemlich anstrengend sein kann. Konkret verbraucht der menschliche Organismus beim Sex zwischen zwei und acht Kalorien pro Minute (kcal/min). Daraus ergibt sich im Schnitt pro Geschlechtsakt eine Summe von 150 bis 200 kcal.

Im Spitzensport wird seit Jahren darüber diskutiert, ob dieser geringfügige Energieverlust kurz vor einem Wettkampf eine sportliche Niederlage mit sich bringen kann. Ambitionierte Hobbysportler messen dem Thema ebenfalls zunehmend an Bedeutung bei. Vermutlich ist der generelle Verzicht auf Sex in so manchem Trainingsplan bereits ein fixer Bestandteil.

Kein Sex für den Mann, für die Frau schon

Frank Sommer, erster deutscher Professor für Männergesundheit, Urologe und Sportmediziner am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf betrachtet die Lage sportartspezifisch. Der Ausdauersportler kann, laut Sommer, vom Sex am Vorabend durchaus profitieren, wogegen sich beim Sprinter der Beischlaf eher negativ auswirkt. Die Ursache dafür findet sich in der Veränderung der Testosteronkonzentration. Während dem Liebensakt sinkt beim männlichen Sportler parallel zum Testosteronspiegel nämlich auch seine Aggressivität. Gleichzeitig werden Glückshormone produziert, die den parasympathischen Teil des Nervensystems aktivieren. Das bedeutet: Nach dem Samenerguss ist der Mann ruhig und entspannt. Ein Effekt, dem der Schnellkraftsportler nicht viel abgewinnen kann, der Marathonläufer freut sich mitunter darüber. Er steht weniger nervös am Start.
Auf die weiblichen Athletinnen sei an dieser Stelle nicht vergessen. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen ist der Testosteronanteil bei Frauen im Verlauf eines Koitus im Steigen begriffen. Für Kurzstreckenläuferinnen könnte sich das als Vorteil erweisen.

Nach zehn Stunden ist alles wieder gut

Ruhig Blut liebe Männer. Denn auch wenn die männliche Aggressivität im Liebesspiel schwindet, die Schlussfolgerung einer Schweizer Arbeitsgruppe beruhigt. Die Genfer Wissenschafter bestätigten zwar, dass Testosteron nicht nur Einfluss auf die Sexualität sondern auch auf die Leistungsfähigkeit hat, allerdings ist dieser nicht wirklich von Dauer. Was bedeutet: Spätestens zehn Stunden nach dem Sex ist der Sportler wieder bestens in Form.

Und wer sich beim Liebesspiel nicht total verausgabt, kann den Kalorienverbrauch auch problemlos mit einem Müsliriegel ausgleichen. (Regina Philipp, derStandard.at, 16.04.2009)