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Reichenberger Prasselkuchen und bosnischer Festtagseintopf (Bosanski Lonec); Vorarlberger Käsknöpfle und Lemberger Rostbraten; Banater Geflügelleber und Pilsener Speckliwanzen; zwischendrin: Schlesisches Himmelreich, Brünner Krautkolatschen, Ödenburger Bohnensterz, Sulmtaler Kapaunenragout, slowenischer Vierlingsstrudel Gibanica.

Unerschöpflich sind die Möglichkeiten, die geografischen Koordinaten des Habsburgerreiches kulinarisch zu definieren. Christoph Wagner hat sich gemeinsam mit dem Gastronomen Adi Bittermann auf dieses Abenteuer eingelassen und seiner beeindruckend langen Liste von Kochbüchern ein Werk hinzugefügt, das überfällig war: Das Kronländer Kochbuch ist weit mehr als eine Sammlung von 450 altösterreichischen Rezepten. Es lässt sich auch als mitteleuropäische Kulturgeschichte lesen, mit schwer vermeidbaren praktischen Folgen. Und sollte deshalb einen Warnhinweis tragen: Die Lektüre dieses Buches kann Ihre Essgewohnheiten verändern.

Aber auch wer Gerichte wie Brünner Kalbsnierenauflauf, Stör mit Nusssauce (aus der Bukowina), Bosanski Kuglice (bosnische Fleischschnecke) oder die Lokschenkugel (eine ostjüdische Süßspeise) nicht gleich nachkochen will, wird aus Dokumentation und Einordnung in einen größeren kulturellen Rahmen Gewinn ziehen.

Das garantieren Einsprengsel zu Prototypen und Leitmotiven der Kronländerländerküche, etwa dem Gulasch/Gulyás, den Kutteln oder der Potitze. Auf die "kleine Gulyás-Enzyklopädie" folgen 25 Varianten von Gulasch, Pörkölt und Paprikasch, einschließlich dem Göttlesbrunner Zweigelt-Gulasch von Adi Bittermann, der insgesamt eine Reihe von Weiterentwicklungen "klassischer" Rezepte beisteuert.

Christoph Wagner hat sich bereits mit der kommentierten Neu-Herausgabe des altösterreichischen Klassikers Prato bleibende Verdienste um die Bewahrung mitteleuropäischer Koch- und Esskultur erworben. Das heurige Haydn-Jubiläumsjahr hat ihn zum Esterházy Kochbuch inspiriert. Darin präsentiert er die bekanntesten und besten Rezepte aus dem Fürstenhaus (was nicht immer dasselbe ist), wiederum angereichert mit kurzweiliger Kulturgeschichte.

Haydn stand auch dem Schauspieler und Hobbykoch Thomas Freudensprung Pate bei seinem Buch Kochen macht Haydn Spass. Der Autor hat mehr als hundert kulinarische Kompositionen aus der Zeit Haydns und den Regionen, in denen er wirkte, für die heutigen Möglichkeiten und den modernen Geschmack adaptiert. Das Ganze wird begleitet von historischen Anekdoten und einer CD mit Haydn-Werken. (jk/Der Standard, Printausgabe 14.04.2009)