Bild nicht mehr verfügbar.

Staufen im Breisgau: Auf den ersten Blick idyllisch ...

Foto: AP Photo/Winfried Rothermel

Bild nicht mehr verfügbar.

... doch bei nährerer Betrachtung klaffen buchstäblich Risse in der Fassade.

Foto: AP Photo/Winfried Rothermel

Staufen - Aus Staufen im Breisgau kommen keine guten Nachrichten: Die historische Innenstadt hebt sich weiter um monatlich einen Zentimeter. "Das ist eine Katastrophe im Zeitlupentempo", klagt Bürgermeister Michael Benitz. Die Suche nach der Ursache der Hebungen, mit der die Stadt bei Freiburg im vergangenen Jahr deutschlandweit Schlagzeilen gemacht hatte, blieb zunächst buchstäblich im Boden stecken. Auslöser der Erdbewegungen sollen Bohrungen gewesen sein.

Erste Schutzmaßnahmen erforderlich

Diese hatte die Stadt im September 2007 veranlasst, um im Rathaus eine Erdwärmeheizung zu installieren. Mittlerweile ist Staufen schon fast 15 Zentimeter gewachsen. Nach Darstellung des Arbeitskreises Hebungsrisse wurden die Hebungen sehr wahrscheinlich durch Quellvorgänge in einer Erdschicht, der Gipskeuperschicht, als Folge der Erdwärmebohrungen hervorgerufen.

Die Schäden an fast 170 Gebäuden sind schon so groß geworden, dass erste Abstützmaßnahmen erforderlich sind. Besonders betroffen sind das Rathaus und das Stadtarchiv, die eigentlich von den Erdwärmebohrungen profitieren sollten. Erste Akten sind sicherheitshalber schon ausgelagert wurden. Jetzt bereitet der Bürgermeister die baldige Evakuierung der gesamten Stadtverwaltung vor.

Ursachenforschung

Zur Aufklärung des Phänomens von Staufen wurde Anfang März eine Erkundungsbohrung ins Erdreich unweit des Rathauses getrieben und schnell wieder abgebrochen. Nach Angaben der Experten war die Bohrung nicht wie erwartet auf einen Gipskeuper gestoßen, der vor 19 Monaten vermutlich auf der Suche nach Erdwärme angebohrt und dann durch Grundwasser zum Aufquellen gebracht worden war. Stattdessen traf die Erkundungsbohrung auf eine andere geologische Struktur, die nicht für die Hebungen verantwortlich sein kann. Die Experten waren bereits nach knapp neun Metern auf einen sogenannten Lettenkeuper gestoßen, den sie erst in einer Tiefe von 120 Metern erwartet hatten. Clemens Ruch vom Landesamt für Geologie in Freiburg vermutet, dass Staufens Altstadt wohl auf einer "tektonischen Verwerfung" liege.

Neben der Suche nach der Ursache für die Erdhebungen hat in Staufen eine breite Debatte über die Entschädigung der betroffenen Bürger begonnen. Bisher ist völlig offen, wer die Beseitigung der Schäden bezahlen muss. Sowohl das Landesamt als auch die Gemeinde Staufen sind davon überzeugt, dass vor der ersten geothermischen Bohrung alle rechtlich und sachlich notwendigen Prüfungen durchgeführt wurden. "Das alles ist wie ein schlechter Sechser im Lotto", sagt Bürgermeister Benitz.

Weitere Erkundungen

Nach eigener Aussage strebt das Stadtoberhaupt eine Antwort auf die Entschädigungsfragen auf politischer Ebene in Land, Bund und EU an. Bisher sei die Stadt Staufen schon mit Zahlungen in Höhe von 1,1 Millionen Euro für die Durchführung der ersten Erkundungsbohrung und die Einrichtung von Provisorien sowie statische Sicherungsmaßnahmen in Vorleistung gegangen. Die Stadtverwaltung schätzt die bisher entstandenen Schäden auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

Vor wenigen Tagen wurde eine zweite Erkundungsbohrung hinter dem Rathaus begonnen, die Aufschluss über die Ursache der Erdhebungen im Untergrund bringen soll. Die neue Bohrung ist bereits auf rund 15 Meter vorangetrieben. Derzeit wird sie gegen Wassereinbruch gesichert. Konkrete Ergebnisse werden erst in sechs bis acht Wochen erwartet. Von ihr erhoffen sich die Experten endlich eine Aufklärung der umfangreichen Erdhebungen, die nun seit bereits 14 Monaten unvermindert anhalten.

Um das historische Rathaus mit klimafreundlicher Erdwärme zu beheizen, waren im Herbst 2007 sieben Sonden 140 Meter tief in den Grund unter dem Gebäude getrieben worden. Anfang 2008 traten erste Risse an der Fassade des Rathauses auf. Zwischenzeitlich sind bereits 167 Häuser durch Hebungsrisse zum Teil erheblich beschädigt. Bisher sind schon acht Gebäude der historischen Altstadt so stark beschädigt, dass sie einzustürzen drohen. Sie mussten umfangreich abgesichert und teilweise gesperrt werden. (AP)