
Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) hat ihre erst einen Monat alten Schätzungen revidiert: Das Ölkartell erwartet nun einen Rückgang der Ölnachfrage 2009 um 1,6 Prozent auf 84,2 Millionen Fass am Tag.
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Wien - Die Wirtschaftskrise, die immer mehr Länder immer stärker trifft, hat nun auch die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) zu einer Revision ihrer Markteinschätzung gezwungen. Ging man im März noch davon aus, dass sich der weltweite Ölverbrauch 2009 um durchschnittlich 1,18 Prozent auf 84,61 Millionen Fass (139 Liter) am Tag reduzieren würde, sind es nach jüngsten Berechnungen des Ölkartells voraussichtlich um 430.000 Fass weniger.
Die 84,18 Mio. Fass, auf die sich der durchschnittliche Tagesbedarf an Rohöl demnach im heurigen Jahr belaufen sollte, entspricht einem Minus von 1,6 Prozent gegenüber dem tatsächlichen Verbrauch 2008. Bereits im Vorjahr ist die weltweite Rohölnachfrage um 0,34 Prozent oder 350.000 Fass auf durchschnittlich 85,6 Mio. Fass am Tag gesunken. Die Opec verwies in ihrem am Mittwoch publizierten Marktbericht auf die Rezession, von der ein Großteil wichtiger Verbrauchsländer erfasst worden sei.
"Falken" gegen "Tauben"
Hinweise auf mögliche Konsequenzen für die Rohölförderung finden sich in dem Opec-Bericht nicht. Experten wie Ehsan Ul-Haq von JBC Energy, einem auf Energiemarktanalysen spezialisierten Unternehmen, sehen - abhängig von der Entwicklung des Ölpreises - einen "Konflikt zwischen Falken und Tauben" heraufziehen. Die "Falken" seien Länder wie Venezuela, Algerien oder Iran, die aufgrund hoher Sozialausgaben in ihren Ländern geringere Einnahmen aus dem Verkauf von Rohöl am schlechtesten verkraften könnten. Die "Tauben", zu denen Länder wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar oder Kuwait gehören, könnten mit dem aktuellen Preisniveau von rund 50Dollar je Fass gut leben. Sollten die Ölpreise bis zur nächsten Opec-Konferenz am 28. Mai Richtung 40Dollar marschieren, sei eine Förderkürzung wahrscheinlich. Wenn nicht, werde alles so bleiben wie es ist, sagte Ul-Haq im Standard-Gespräch.
In Reaktion auf den Nachfragerückgang hat die zwölf Länder umfassende Opec seit vorigem September eine schrittweise Förderkürzung um insgesamt 4,2 Mio. Fass beschlossen. Davon sind laut Ul-Haq gut 80 Prozent umgesetzt. Eine weitere Hebung der Förderdisziplin sei nur schwer möglich. Die Opec steht für gut ein Drittel der Welt-Rohölproduktion.
Ul-Haq geht davon aus, dass der Anteil der Ölförderung aus Nicht-Opec-Staaten heuer steigen wird. Insbesondere Russland und Brasilien, das erst jüngst von einem weiteren größeren Fund berichten konnte, würden ihre Marktanteile zulasten der Opec vergrößern. Dies sei aber nur ein kurzfristiger Effekt. Mittel- bis langfristig sitze die Opec mit ihren großen Reserven auf dem längeren Ast.
Den größten Rückgang bei der Ölnachfrage erwartet die Opec im OECD-Raum.
Die meist industrialisierten Länder werden gemäß Prognose heuer um 3,12 Prozent weniger Rohöl nachfragen als im vergangenen Jahr. Doch auch in Schwellenländern wie China und Indien bremst die Konjunkturabkühlung den Ölbedarf. "Anders als im vergangenen Jahr hat die Ölnachfrage in den Ländern außerhalb der OECD 90 Prozent seiner Stärke verloren", heißt es in dem Bericht.
Der Ölpreis hat am Mittwoch nach Bekanntwerden der Prognoserevision nachgegeben. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.4.2009)