ModeratorIn: derStandard.at begrüßt Herrn Ostermayer im Chat, wir freuen uns auf eine spannende Stunde!

Josef Ostermayer: Sehr geehrte Damen und Herren. Ich freue mich sehr im Rahmen des derStandard.at-Chats Ihre Fragen beantworten zu dürfen.

UserInnenfrage per Mail: Zum ORF-Programm: Was schauen Sie sich am liebsten an?

Josef Ostermayer: Berufsbedingt komme ich sehr wenig zum fernsehen. Ich gehe in der Früh außer Haus und komme meistens spät abends nach Hause. Besonders interessieren mich natürlich Nachrichten und Informationssendungen, die ich aber immer wieder nur aus Zeitgründen im Internet ansehe auf orf.at ondemand.

UserInnenfrage per Mail: Was soll der ideale ORF-General aus Ihrer Sicht können?

Josef Ostermayer: Der ideale ORF-Generaldirektor oder die ideale ORF-Generaldirektorin muss befähigt sein ein großes Unternehmen mit einem ganz speziellen Aufgabengebiet zu führen. Es sind daher einerseits entsprechende Managementfähigkeiten erforderlich und andererseits ein großes Verständnis für Medien und Journalisten bzw. Journalistinnen.

UserInnenfrage per Mail: Wie lange wird Wrabetz ORF-Chef bleiben?

Josef Ostermayer: Der Vertrag von Generaldirektor Wrabetz und den anderen Mitgliedern der ORF-Geschäftsführung läuft bis Ende 2011. Ob eine Verkürzung dieser Vertragsdauer eintritt, kann derzeit nicht beantwortet werden. In der letzten Sitzung des Stiftungsrates wurde von den Stiftungsräten ein Beschluss über die Zukunft des ORF gefasst, wo der Geschäftsführung entsprechende Aufträge erteilt wurden um dieses für Österreich und für die österreichische Medienpolitik und den Zusehern und Zuseherinnen so wichtige Unternehmen zukunftssicher zu machen. Genau darum geht es jetzt, nämlich den ORF auch wirtschaftlich für die Zukunft abzusichern.

UserInnenfrage per Mail: Die Medienpolitik der Bundesregierung setzt sich zum Ziel, die Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Medienlandschaft zu sichern. Das ist der erste Satz im Regierungs-Programm zum Thema Medien. Warum werden dann entgegen ihrer eigen

Josef Ostermayer: Die schon erfolgte Umsetzung der sogenannten Mediendiensterichtlinie der EU für die privaten Rundfunkveranstalter war ein in der Regierung abgestimmter Schritt um Privatradio und Privatfernsehen zu unterstützen. Das war also ein wichtiges Signal zur Unterstützung eines dualen Rundfunksystems und damit für Medienvielfalt. Hinsichtlich der Frage einer Medienförderung für private Rundfunkveranstalter bitte ich um Verständnis, vor der Budgetrede vereinbarungsgemäß nichts sagen zu dürfen. Hinsichtlich der finanziellen Absicherung des ORF wurde in der Regierung und im danach folgenden Pressefoyer vor einigen Wochen klar gestellt, dass eine Teilrefundierung der durch Gebührenbefreiung dem ORF entfallenden Programmentgelte stattfinden soll, allerdings im Zuge von entsprechenden Strukturreformen.

Amphitryon: Sehr geehrter Hr. Ostermayer! Was halten Sie von der "Drohung" von ATV-Eigentümer Kloiber, bei Ausbleiben der "von der Wiener Regierung zugesagten Förderung" Wertschöpfung aus Österreich abzuziehen, die Hälfte der 130 Arbeitsplätze abzubauen und Tei

Josef Ostermayer: Ich habe mit Herrn Kloiber mehrere sehr konstruktive Gespräche geführt und ihm vermittelt, dass uns aus vielerlei Gründen, insbesondere aus Gründen der Medienvielfalt viel an einem dualen Rundfunksystem gelegen ist, und dabei ATV eine wichtige Rolle spielt. Ich hoffe daher, dass seine "Drohung" nicht eintritt.

Rafaela: Werden Online-Medien in Zukunft auch Presseförderung bekommen?

Josef Ostermayer: Die Frage nach Presseförderung für Online-Medien wurde sehr offen in den Koalitionsverhandlungen diskutiert und grundsätzlich auch positiv gesehen. Angesichts der durch die Wirtschaftskrise bedingten budgetären Situation ist das momentan kein aktuelles Thema, soll aber in dieser Legislaturperiode noch behandelt werden.

UserInnenfrage per Mail: Was halten Sie davon, alle ORF-Funktionen abseits des Kerngeschäfts - also Programm machen - auszulagern?

Josef Ostermayer: Die Frage von Auslagerungen oder Ausgliederungen ist von den zuständigen Organen des ORF, also der Geschäftsführung, dem Stiftungsrat und den Belegschaftsvertretern zu verhandeln und zu entscheiden. Ich meine aber, dass dabei immer zu prüfen ist, ob es wirtschaftliche oder organisatorische Vorteile für ein Unternehmen hat. Es ist also keine Frage von Prinzipien sondern einer Kosten-Nutzen-Abwägung.

UserInnenfrage per Mail: Wieso braucht der ORF zwei Kanäle, was spricht für eine Privatisierung von ORF 1, was ihrer Meinung nach dagegen?

Josef Ostermayer: Der Stiftungsrat hat in seinem Beschluss Anfang April für die Beibehaltung der Angebotsvielfalt und Leistungsbreite insbesondere auch die Angebote der Landesstudios ausgesprochen. Diese Auffassung teile ich voll und ganz. Es zeigt sich auch international, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkunternehmen sich nicht nur auf ein Standbein stellen.

UserInnenfrage per Mail: Ist es Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Senders mittels Tochterunternehmen in Bulgarien ein Sendernetz zu betreiben?

Josef Ostermayer: Die Geschäftsführung und der Stiftungsrat haben sich im letzten Jahr zu diesem Osteuropaengagement entschlossen und es für Erfolg versprechend angesehen. Die Frage ist also durch das Unternehmen beantwortet. Es wird aber nicht vom öffentlich-rechtlichen ORF im engeren Sinn betrieben, sondern von einer Tochter die zu 40% auch einen anderen Eigentümer gehört.

gelber muskateller: wann wird das neue orf-gesetz in die begutachtung gehen, wann soll es in kraft treten, wann wird die wahl einer geschäftsführung stattfinden?

Josef Ostermayer: Wir sind derzeit mit dem Koalitionspartner über den Inhalt einer ORF-Gesetznovelle im Gespräch. Sobald wir uns über den Inhalt einig sind, soll der Entwurf in Begutachtung gehen um möglichst viele Meinungen einzuholen. Ein Teil dieser Novelle betrifft die restliche Umsetzung der Mediendienste die spätestens am 19. Dezember dieses Jahres in Kraft treten muss. Ein zweiter Teil betrifft Änderungen die auf Grund der vor dem Sommer zu erwartenden Entscheidung der EU-Kommission notwendig werden.

UserInnenfrage per Mail: Wie weit sind die Verhandlungen mit der ÖVP? Die legt sich ja angeblich quer gegen weniger Werberegeln für den ORF, die Weisungsgebundene Medienbehörde als ORF-Kontrollor und gegen drei ORF-Gremien statt zwei. Wann geht der Entwurf nun in Begutachtu

Josef Ostermayer: Die Gespräche mit der ÖVP finden gerade statt. Hinsichtlich der Werberegeln hat es im heutigen Standard eine ausführliche Berichterstattung gegeben.

UserInnenfrage per Mail: Der ORF ist an den Grenzen der Finanzierbarkeit und ist dominanter Marktführer im TV, HF. Welche Berechtigung hat es unter diesen Umständen, dass der ORF einen zusätzlichen dritten Sender betreibt und vermarktet? TW1/Sportplus?

Josef Ostermayer: Der nicht öffentlich-rechtliche Sender TW1 kostet dem ORF nicht zusätzliches Geld, sondern ist positiv in seiner Gebahrung. International gesehen haben viele öffentlich-rechtliche Fernsehunternehmen unterschiedliche Spartenkanäle um auch Programm für spezielle Zielgruppen zu senden. Auch in unserem Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass ein Spartenkanal für Info und Kultur ermöglicht werden soll.

Adyingwish: Wie lange wird die GIS noch Realität bleiben und warum wird diese noch immer zwangsweise eingehoben auch wenn man das "Qualitativ Hochwertige ORF Programm" gar nicht konsumiert bzw nicht konsumieren will?

Josef Ostermayer: Der ORF finanziert sich bzw. das Programm das er im Fernsehen und Radio sendet aus 2 großen Quellen. Einerseits den Programmentgelten die durch die GIS eingehoben werden. Andererseits durch Werbeeinnahmen. Würde ein Teil der Einnahmen wegfallen, könnte das Programm in diesem Umfang nicht mehr Aufrecht erhalten werden. Umso mehr würde das gelten, wenn der größere Teil - die Programmentgelte - entfallen würden. Dort wird nicht daran geknüpft, ob man und wie lange man fern sieht oder Radio hört, sondern ob die Möglichkeit dazu besteht.

tomboy8000: Es gibt in Europa noch einige wenige Beispiele von wirklich öffentlich rechtlichem Rundfunk wie in Schweden oder auch BBC. In beiden Sendern ist beispielsweise Werbung verboten und sie werden ausschließlich über das Budget finanziert. Sie haben auch

Josef Ostermayer: Im ORF Gesetz ist definiert was der ORF im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrages leisten muss. Dort sind die verschiedenen Bereiche definiert, was öffentlich-rechtlicher Auftrag ist. Aufgrund der Kleinheit des Landes, etwa im Vergleich zum deutschsprachigen Nachbarn Deutschland, hat man sich in Österreich für eine duale Finanzierung aus Gebühren und Werbung entschieden. Würde man davon abgehen, wäre wohl trotz einer notwendigen Strukturreform eine deutliche Einschränkung des Programmangebots und der Leistungsbreite erforderlich, oder eine entsprechende Anhebung der Gebühren notwendig. Dies wäre nicht wünschenswert.

UserInnenfrage per Mail: Angeblich sind im Entwurf absehbare EU-Forderungen noch nicht eingearbeitet. Welches externe Gremium soll die Höhe der Gebühren, die Erfüllung des Programmauftrags, die Gebührenfinanzierung neuer Dienste kontrollieren und absegnen? Wann werden diese

Josef Ostermayer: Auf Grund der regelmäßigen und intensiven Kontakte mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Wettbewerbskommission gibt es schon sehr konkrete Anhaltspunkte, welche Änderungen aufgrund der EU-Vorgaben notwendig werden. Alle Details sind natürlich erst bekannt, wenn die EU-Kommission ihre Entscheidung getroffen hat. Die Kontrolle des ORF findet derzeit durch den Bundeskommunikationssenat statt. In Zukunft könnte es als erste Instanz die KommAustria und als zweite Instanz den Bundeskommunikationssenat geben.

jack_the_stripper: Glauben ist der Staat nicht auch an der jetzigen Situation des ORF schuld? Die Refundierung der entgangenen Gebührenbefreiungen sowie die Landesabgaben hätten dem ORF durchaus zufließen können, und zwar durch den Staat. Eine Lockerung der Werbebesch

Josef Ostermayer: Zum einen ist eine Lockerung der Werbebeschränkungen nicht vorgesehen, zum anderen sind auch die Gremien des ORF der Auffassung, dass eine strukturelle Reform notwendig ist. Und drittens wurde in der Bundesregierung vor wenigen Wochen eine Teilrefundierung der Gebührenbefreiungen im Zusammenhang mit einer Strukturreform besprochen.

UserInnenfrage per Mail: Sehen Sie die Zukunft von Printmedien wie traditionellen Tageszeitungen durch elektronische Medien gefährdet? Kann und soll man da gegensteuern?

Josef Ostermayer: Ich sehe das Internet und die damit die Online-Seiten nicht als gefährdende Konkurrenz von gedruckten Zeitungen, sondern als eine Ergänzung. Das Internet hat weder wie vor vielen Jahren befürchtet zu einer Verdrängung von Zeitungen noch von Büchern geführt, und das ist gut so.

Nope: Wie würde die österreichische Medienlandschaft ohne Kronenzeitung aussehen?

Josef Ostermayer: Es würde für einen extrem großen Leserkreis ihre Zeitung wegfallen und damit zu einer starken Verkleinerung der österreichischen Medienlandschaft führen. Wenn man wie ich Medienvielfalt wünscht, wäre das bedauerlich.

BademeisterThiel: Was wird eigentlich aus der "Wiener Zeitung" wenn die EU das Amtsblatt abschafft?

Josef Ostermayer: Als ich Anfang Dezember als Medienstaatssekretär angelobt wurde, war eine große Aufregung in der Geschäftsführung und im Aufsichtsrat der Wiener Zeitung, da dort befürchtet wurde, dass der Wegfall der Pflichteinschaltungen in relativ kurzem Zeitraum erfolgen könnte und viele MitarbeiterInnen gekündigt hätten werden müssen. Nunmehr hat sich die Diskussion in der EU hinsichtlich der Frage der Pflichteinschaltungen auf einige Jahre verschoben, sodass in Ruhe über die zukünftige Gestaltung und Finanzierung der Wiener Zeitung beraten werden kann. Im Bereich der Geschäftsführung werden verschiedene Szenarien geprüft und gerechnet.

novinar: Sehr geehrter Herr Staatsekretär, warum erhält die Tageszeitung Heute kein Presseförderung. Der Chefredakteur Schmitt hat dies diese Woche in seiner Kolumne bekrittelt. Ist die Tageszeitung Heute - die ich regelmmäßig lese - weniger Wert als andere

Josef Ostermayer: Im derzeitigen Presseförderungsgesetz ist eine Presseförderung nur für so genannte Kaufzeitungen vorgesehen. Darin liegt der Grund warum die Gratiszeitung Heute derzeit keine Presseförderung erhalten kann.

oje24: Wie beurteilen Sie die Tageszeitung "Österreich", wie die Krone?

Josef Ostermayer: Beides sind Zeitungen die ich wie viele andere täglich lese. Wie bei allen anderen Medienprodukten möchte ich aber keine Bewertungen abgeben. Wie schon oben gesagt, erachte ich aber gerade in meiner Funktion Medienvielfalt für ein in der Demokratie wichtiges Element.

chob13: Waren Sie im letzten Monat einmal auf www.atv.at? ATV hat eine staatliche Förderung für seine Homepage bekommen - wie gelungen finden Sie dieses Projekt? Auch dort könnten Sie Nachrichten OnDemand sehen und auch mal den Heinzl, wenn Sie möchten.

Josef Ostermayer: Ja, ich besuche regelmäßig verschiedene Medienhomepages, so auch atv.at.

UserInnenfrage per Mail: Was halten Sie von Karl Amon als ORF-General?

Josef Ostermayer: Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zwar intensiv mit dem Thema ORF und Rahmenbedingungen des ORF auseinandersetze, aber nicht an namedropping oder generell Personaldiskussionen teilnehmen möchte.

er t: Wozu braucht Österreich einen Medienstaatssekretär? Wir haben ja auch keine Staatssekretäre für andere Branchen wie zB Schwer- oder Bauindustrie.

Josef Ostermayer: Es gibt traditionell im Bundeskanzleramt Staatssekretäre, die die Aufgabe haben dem Bundeskanzler in seiner Tätigkeit zu unterstützen oder im Parlament zu vertreten. Zu den Ressortaufgaben des Bundeskanzlers gehören auch die Medienagenden. Diese wurden mir neben der Aufgabe der Koordinierung übertragen.

lauren bacall: Was sind für Sie die drei wichtigsten Dinge, die Medienpolitik in Österreich können muss?

Josef Ostermayer: Die Rahmenbedingungen für Medien möglichst ideal zu gestalten. Damit Medienvielfalt und Meinungsvielfalt zu ermöglichen und zwar sowohl im Print als auch im elektronischen Bereich.

Manfred Bieder: Welche drei prominenten Burgenländer fallen Ihnen neben Kurti Elsasser ein?

Josef Ostermayer: Landeshauptmann Hans Niessl, Norbert Darabos, Franz Liszt, Joseph Haydn und Melinda Esterhazy und viele hunderte weitere Frauen und Männer.

ModeratorIn: derStandard.at bedankt sich bei Herrn Ostermayer für das Kommen, wir wünschen noch einen schönen Tag.

Josef Ostermayer: Ich danke für die rege Teilnahme, für die vielen teilweise sehr fachspezifischen Fragen und wünsche einen schönen Tag.