Peking - Chinas Wirtschaft wächst mit 6,1 Prozent im ersten Quartal so langsam wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die massiven Staatsausgaben zur Ankurbelung der Konjunktur zeigen nach Angaben des Statistikamtes allerdings erste Wirkung. Die Wirtschaft entwickle sich "besser als erwartet", wenngleich auf schwacher Grundlage, sagte der Sprecher Li Xiaochao am Donnerstag vor der Presse in Peking. In Reaktionen warnten Experten laut Nachrichtenagentur Xinhua vor überzogenem Optimismus. "Die wirtschaftlichen Aussichten sind weiter schlecht", sagte der Ökonom Wang Tongsan von der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking.
Die drittgrößte Volkswirtschaft leide unter dem massiven Rückgang der Exporte, sinkenden Unternehmensgewinnen und Steuereinnahmen sowie wachsender Arbeitslosigkeit, sagte der Sprecher des Statistikamtes. Vor dem Hintergrund der globalen Finanzkrise, die die Realwirtschaft härter als erwartet getroffen habe, sei das jetzt erreichte Wachstum von 6,1 Prozent "durchaus ein Erfolg", sagte Li Xiaochao. Es lag aber um 4,5 Prozentpunkte niedriger als im ersten Quartal des Vorjahres und 0,7 Punkte hinter dem im letzten Quartal 2008.
Die Regierung hat acht Prozent Wachstum als Ziel für dieses Jahr vorgegeben. Unabhängige Schätzungen liegen jedoch darunter. Nach 13 Prozent Wachstum 2007 war Chinas Wirtschaft im vergangenen Jahr nur noch um neun Prozent gewachsen. Der Zuwachs im ersten Quartal wurde vor allem angetrieben durch die hohen Investitionen aus dem Konjunkturprogramm und die stark ausgeweitete Kreditvergabe. Die Anlageinvestitionen stiegen um 28,8 Prozent. Der Sprecher rechnete damit, dass die Investitionen auch in Zukunft "weiter schnell wachsen werden".
Inflation sinkt
Zudem legten die Umsätze im Einzelhandel um 15 Prozent zu. Der Verbraucherpreisindex fiel im Februar um 1,6 und im März um 1,2 Prozent. Positive Zeichen gab es auch bei der Industrieproduktion, die sich im ersten Quartal um 5,1 Prozent ausweitete. Der Anstieg lag im März bei 8,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.
"Ich erwarte, dass sich die erste Jahreshälfte als Tiefpunkt erweisen wird, weil die Zahlen andeuten, dass die Wirtschaft die Talsohle erreicht hat und eine bescheidene Erholung in der zweiten Jahreshälfte erwartet wird", sagte China-Ökonom Ben Simpfendorfer von der Royal Bank of Scotland (RBS). Er korrigierte seine Wachstumsprognose für dieses Jahr von bisher fünf auf sieben Prozent. Doch sei die Wirtschaft aus seiner Sicht schwächer als die jüngsten Zahlen anzeigten. Auch werde der Aufschwung bescheidener ausfallen als allgemein erwartet, warnte Simpfendorfer.
Schub für private Investitionen
China will zur Ankurbelung seiner Konjunktur mit staatlichen Maßnahmen die privaten Investitionen anschieben. Zudem wolle die Regierung nach Wegen suchen, um mehr ausländische Investoren anzulocken, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag. Einzelheiten wurden nicht genannt. Dem Bericht zufolge will die Regierung durch Richtlinien für die Kreditvergabe sicherstellen, dass die Realwirtschaft gestützt wird. Die Konjunkturmaßnahmen würden laufend an die wirtschaftliche Notwendigkeiten angepasst.
Chinas Wirtschaft war im ersten Quartal so langsam gewachsen wie seit mindestens 17 Jahren nicht mehr. Gebremst wurde die Konjunktur vor allem von den Einbrüchen beim Export. Wegen der Rezession beim wichtigsten Handelspartner USA und in anderen Industriestaaten brachen die Ausfuhren allein im Februar um mehr als ein Viertel ein und damit so stark wie noch nie. Konjunkturlokomotive blieb dagegen der private Konsum. Trotz der Verlangsamung steht die Volksrepublik im internationalen Vergleich gut da. Von den fünf größten Wirtschaftsnationen ist sie die einzige, die noch wächst. Die Regierung hatte zuletzt Konjunkturhilfen von rund 450 Milliarden Euro angekündigt. Vorgesehen sind unter anderem Investitionen in die Infrastruktur und Steuererleichterungen. (APA/dpa/Reuters)