Düsseldorf - Wegen der Absatzflaute wird die Stahlindustrie in Deutschland nach Einschätzung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) heuer und im kommenden Jahr Tausende Stellen streichen. Die Zahl der Beschäftigten in der Eisen- und Stahlindustrie werde 2009 voraussichtlich um 7.000 und 2010 um 3.500 zurückgehen, teilte das Essener Institut am Donnerstag in einer Studie mit. Die Unternehmen hätten ihre Produktion in den vergangenen Jahren stark rationalisiert, so dass weniger Personal abgebaut werden dürfte als in früheren Stahlkrisen.

Die Branche mit Unternehmen wie ThyssenKrupp, Salzgitter und Klöckner & Co (KlöCo) beschäftigt in Deutschland rund 94.000 Mitarbeiter. Fast die Hälfte ist derzeit in Kurzarbeit. ThyssenKrupp hat bereits 5000 Leiharbeiter nach Hause geschickt und will weitere Stellen streichen. Eine Zahl hat das Unternehmen nicht genannt. KlöCo will weitere 700 Arbeitsplätze abbauen, nachdem der Stahlhändler in den vergangenen Monaten bereits 800 Stellen gestrichen hat. Salzgitter hat erklärt, Stellenstreichungen stünden nicht an, seien aber prinzipiell auch nicht ausgeschlossen.

Die Krise in wichtigen Abnehmerbranchen wie der Autoindustrie und dem Maschinenbau macht der Stahlindustrie schwer zu schaffen. Nach einem jahrelangen Boom ist die Nachfrage nach dem Werkstoff weltweit eingebrochen. Das RWI rechnet damit, dass die Stahlproduktion in Deutschland in diesem Jahr um 30 Prozent fällt: Nach den 45,8 Millionen Tonnen in 2008 würde die Produktion damit auf rund 32 Millionen Tonnen sinken.

Im Verlauf des Jahres dürfte sich die Lage etwas stabilisieren, wenn der derzeitige Lagerabbau ende und die auch durch Konjunkturprogramme angeregte Nachfrage etwas angeregt werde, erklärte das Institut. Im kommenden Jahr sei damit zu rechnen, dass sich der Außenhandel allmählich normalisiere und die Investitionen wieder zunähmen. Die Stahlerzeugung dürfte dann um 4,2 Prozent wachsen. Die Auslastung der Betriebe läge aber auch in diesem Fall nur bei 65 Prozent.

2010 weiterer Personalabbau

Die Rohstahlproduktion wird heuer nach einer Prognose des RWI um gut 30 Prozent einbrechen. Im vergangenen Jahr sei die Produktion bereits um 5,6 Prozent auf 45,8 Millionen Tonnen zurückgegangen, berichtete das Institut am Donnerstag in Essen. Die Zahl der Beschäftigten in der Eisen- und Stahlindustrie werde dieses Jahr voraussichtlich um 7.000 (7,6 Prozent) und 2010 um weitere 3.500 (4,4 Prozent) sinken.

Verantwortlich für den Rückgang im vergangenen Jahr war nach RWI-Angaben vor allem das letzte Quartal, in dem in Deutschland rund 20 Prozent weniger Rohstahl erzeugt wurde als im Vorjahreszeitraum. Die Auslandslieferungen der Stahlwerke seien am Jahresende 30 Prozent geringer gewesen als ein Jahr zuvor.

Auch 2009 ist laut RWI ein ungünstiges Jahr für die Branche. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sprechen demnach gegen eine schnelle Verbesserung: So werde das Bruttoinlandsprodukt nach Einschätzung des Instituts um 4,3 Prozent sinken - darunter die Ausfuhren um 12,3 Prozent und die Ausrüstungsinvestitionen um 17 Prozent. Dies seien bestimmende Faktoren für die Stahlverwendung, die daher im Jahresschnitt um 23 Prozent niedriger sein werde als 2008. (APA)