Otto Schulmeister, langjähriger Chefredakteur der Presse soll in den 1960er-Jahren der CIA in die Hand gearbeitet haben. Er soll dies in Kommentaren getan haben oder etwa damit, dass über US-Zahlungen an das österreichische Bundeheer nicht berichtet wurde. Nach 1971 seien die Kontakte zu US-Partnern eingeschlafen. Entsprechende Akten sind nun bekannt geworden. Der CIA soll den Kontakt zu Schulmeister über den früheren Presse-Chef Fritz Molden (Foto) hergestellt haben. Molden widerspricht deutlich: "Das war die Zeit des Kalten Krieges. Ich habe mit vielen Menschen in vielen Botschaften zu tun gehabt, aber es hat sich natürlich nie jemand vorgestellt: Gestatten mein Name ist Smith, ich komme vom CIA".

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Wien - Der verstorbene langjährige Chefredakteur und Herausgeber der Tageszeitung Die Presse, Otto Schulmeister (1916-2001), soll in den Sechzigerjahren dem US-Geheimdienst CIA zugearbeitet haben. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Profil unter Berufung auf ein CIA-Dossier.

Darüber hinaus habe Schulmeister, dessen journalistische Karriere im Zweiten Weltkrieg bei der deutschen NS-Wirtschaftszeitung Südost-Echo begonnen hatte, seine Leitartikel fallweise argumentativ nach den Wünschen der CIA ausgerichtet, Geschichten unterdrückt, wenn sie dem US-Standpunkt schadeten und Informationen aus Hintergrundgesprächen mit österreichischen Politikern und Ostblock-Botschaftern preisgegeben. Das entsprechende Dossier sei nach den Bestimmungen des „Nazi War Crimes Disclosure Act" 2006 freigegeben worden. Im Juni 1962 sei Otto Schulmeister von der CIA der Deckname "GRCAMERA" zugewiesen worden.

In den Schulmeister-Akten sind laut Profil auch CIA-Kontakte zum Österreichischen Rundfunk, zum Kurier, den Salzburger Nachrichten und der Wochenpresse angeführt. Die Namen der Journalisten seien aber unkenntlich gemacht.

Zuletzt hatten Berichte über Geheimdienst-Aktivitäten von Wiens Alt-Bürgermeister Helmut Zilk für die frühere Tschechoslowakei für Diskussionen gesorgt. Im Gegensatz zu Zilk soll Schulmeister vom CIA aber für seine Dienste nicht bezahlt worden sein.

"Presse"-Chefredakteur Michael Fleischhacker plädierte am Sonntag für Aufklärung. Wenn die von "Profil" publizierten Vorwürfen stimmten, sei das "aus heutiger Sicht nicht zu rechtfertigen", schreibt Fleischhacker. Die Neubewertung des Archivmaterials sei Aufgabe von Historikern. "Dagegen zieht kein Pietätsargument, im Gegenteil: Gerade die Pietät verlangt es, sich um eine faire, angemessene Einschätzung unter strenger Beachtung der Regeln der Wissenschaft zu bemühen." Und: "Es kann sein, dass uns dieses neue Bild weniger gut gefällt als das, das wir haben. Jedenfalls aber wird es ein vollständigeres Bild sein."

Horst Pirker, Herausgeber der "Presse", sagte zur Causa: "Auch Legenden sind nur Menschen. Wir sollten dem, was wir aus heutiger Sicht für die Wahrheit halten, unverzerrt Platz geben und gleichzeitig zurückhaltend sein im Urteil."

Schulmeisters Sohn Paul, lange Jahre ORF-Korrespondent, kann sich hingegen nicht vorstellen, dass sein Vater dem Geheimdienst zugearbeitet hat. Ähnlich äußerte sich der früher "Presse"-Eigentümer Fritz Molden: "Wenn Schulmeister das getan hat, dann war er ein anderer, als ich dachte." (red, DER STANDARD-Printausgabe, 20.4.2009)