Foto: Matthias Cremer, Der Standard

Die Einigung ist angeblich gefallen: Die Lehrer sollen eine Ausweitung des Bildungs-Budgets erzwungen haben.

Foto: Matthias Cremer, Der Standard

Nach zähen Verhandlungen zwischen Unterrichtsministerin Claudia Schmied und der Lehrergewerkschaft, hat die Regierungsspitze das Heft selbst in die Hand genommen. In der Pause der Verhandlungen zwischen Unterrichtsministerin Claudia Schmied und der Vertretung der Pädagogen sind Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll  zu einem Gespräch zusammengekommen. Im späteren Verlauf wurde auch Schmied hinzugezogen.

Nach der Gesprächsrunde im Bundeskanzleramt Faymann und Pröll ist Schmied wortlos ins Unterrichtsministerium gegangen, wo um 15.30 Uhr die Verhandlungen mit der Lehrergewerkschaft wieder aufgenommen wurden. Zum Stand der Gespräche wollte sie sich nicht äußern, ihr war lediglich "kein Kommentar" und "die Verhandlungen gehen weiter" zu entlocken. Vor Schmied hatten Faymann und Pröll - wie auch die Unterrichtsministerin mit ernster Miene - nacheinander das Bundeskanzleramt verlassen.

Laut Österreich-Online wurde ein Kompromiss gefunden. Darüber, wie dieser Kompromiss aussehen könnte, gibt es noch kein offizielle Stellungnahme. Klar dürfte sein, dass sich die SPÖ mit dem von der ÖVP gefeierte Vorschlag, die schulautonomen Tage in Unterrichtstage umzuwandeln, nicht zufrieden geben wird. Denn das Einsparungspotenzial bei dieser Maßnahme ist praktisch null, Schmieds Budgetprobleme wären somit nicht gelöst

Gerüchte werden dementiert

Bereits im Vorfeld gab es Gerüchte, wonach ein Kompromiss gefunden wurde, in dem die nicht zusätzlich bezahlte Mehrarbeit für LehrerInnen vom Tisch ist. Sowohl im Finanz- als auch im Bildungsministerium dementierte man den Bericht, die Meldungen seien eine "Ente", so Prölls Sprecher Daniel Kapp. Es hätten am Sonntag keine Verhandlungen stattgefunden, daher gebe es auch noch keinen Kompromiss. Keine Bestätigung gab es auch aus dem Unterrichtsministerium. Die Position von Schmied sei immer gewesen, dass man für die Schulreformen entweder mehr Geld vom Finanzminister benötige oder Strukturreformen wie die Verlängerung der Unterrichtsverpflichtung notwendig wären, sagte der Sprecher Schmieds, Nikolaus Pelinka, gegenüber der APA. Bisher habe der Finanzminister aber immer gesagt, dass es nicht mehr Geld gebe, und diese Aussage habe er bisher nicht geändert.

Auch Unterrichtsministerin Schmied selbst konnte den "Presse"-Bericht nicht bestätigen. Sie ging in der ORF-Sendung "Im Zentrum" davon aus, dass ihr der Bundeskanzler Bescheid gesagt hätte. Sollte ihr Finanzbedarf in Höhe von insgesamt 525 Mio. Euro für 2009/10 tatsächlich aus dem Budget gedeckt werden, wäre eine solche Geldspritze "sehr angenehm", weil für sie die Fortsetzung der Bildungsreform wichtig sei. Damit wären wochenlange Diskussionen obsolet, ihre "Liquiditätsfrage wäre gelöst", und man könnte sich gleich daran machen, die nächsten großen Themen wie die Dienstrechtsreform anzugehen.

Streik am Donnerstag

Es dürfte sich dabei wohl um das letzte Gipfelgespräch zwischen Schmied und der Lehrergewerkschaft handeln. Bisher war die Ressortchefin noch nicht von ihrer Position abgerückt, wonach die Pädagogen künftig eine Stunde (ursprünglich waren es sogar zwei gewesen) mehr in der Klasse stehen sollten. Zusätzlich wollte Schmied ein Altersteilzeit-Modell forcieren und einige Zulagen kürzen. Die Lehrer lehnen das ab und wollen am Donnerstag streiken. Bundeskanzler Werner Faymann hatte zuletzt eine Lehrer-Einigung als Bedingung für den Beschluss des Budgets im Ministerrat am Dienstag genannt. Pröll wiederum kündigte an, sich gegebenenfalls mit dem Regierungschef und ÖGB-Präsident Erich Foglar noch in die Gespräche mit den Lehrern einschalten zu wollen.

Lehrer haben neuen Vorschlag

Optimistisch und mit einem neuen Vorschlag sind die Lehrer-Gewerkschafter in die letzte Verhandlungsrunde gegangen: Sie boten an, auf sämtliche schulautonomen Tage zu verzichten. Auch für den Vorsitzenden der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Walter Riegler, muss heute oder morgen etwas passieren, weil es eine Deadline gebe. "Wir sind bereit, uns in einer Stunde, in fünf Stunden, in zehn Stunden zu einigen, aber wir wollen eine Einigung haben", so Riegler. Er hob erneut das Angebot der Lehrer-Gewerkschaft hervor: "Wir legen 500 Millionen Euro bar auf den Tisch des Hauses, Schmied und die Regierung würden sich schwer tun, dem nicht zuzustimmen." Nach Berechnung der Personalvertreter bringen ihre Vorschläge einer Altersteilzeit und einer Übernahme der rund 60.000 Vertragslehrer in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ("Pragmatisierung") diese Summe.

Kaltenegger sieht "entscheidende Bewegung"

ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger bezeichnete am Montag in einer Aussendung das Angebot "als wichtigen Schritt der Lehrergewerkschaft", der "entscheidende Bewegung in die Verhandlungen mit der Unterrichtsministerin bringen könnte".

Für Kaltenegger ist der Vorschlag, Mehrarbeit im Ausmaß einer Arbeitswoche zu leisten, ein begrüßenswertes "Signal des Engagements und der Solidarität seitens der Lehrer in außergewöhnlichen Zeiten". Der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), Fritz Neugebauer, wertet den Vorschlag der Lehrer-Gewerkschaft als "ausgezeichnet, damit würden die "Schüler in den Focus der Debatte gerückt". Durch Kürzung von unterrichtsfreien Tagen wie Oster- bzw. Pfingstdienstag bzw. einem Teil der schulautonomen Tage sei es möglich, "für die Schüler eine Woche mehr Unterricht zur Verfügung zu stellen und damit wesentlich zu einer weiteren Verbesserung unserer Schulen beizutragen", so Neugebauer. 

Nach dem neuen Vorschlag der Lehrer-Gewerkschaft, auf bisher unterrichtsfreie Tage zu verzichten, zeigt sich auch der Finanzminister Josef Pröll "vorsichtig optimistisch, dass damit ein wichtiger Schritt in Richtung einer Einigung gesetzt worden ist"

Lehrer-Demo

Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) rechnet nicht mit einer Einigung im Lehrer-Streit und bereitet sich fix auf die angekündigte Demonstration am Donnerstag in Wien vor. "Die Planungen laufen voll weiter", man sei derzeit schon in der Feinabstimmung, erklärte Organisationsreferent Hermann Feiner am Montag gegenüber der APA. Er rechnet mit so vielen Teilnehmern, dass es keinen Demonstrationszug durch die Wiener Innenstadt, sondern nur eine große Kundgebung am Ballhaus- und am Heldenplatz geben soll. Der gesamte Ring soll zur "Bushaltestelle" werden.

Feiner, der die Organisation der Protestmaßnahmen leitet, rechnet mit "vielen tausenden Teilnehmern". Auf eine genaue Zahl wollte er sich nicht festlegen, er kündigte aber an, die Anzahl werde so groß sein, dass man auf einen Demonstrationszug verzichtet habe. Es werden nicht nur Sonderzüge aus allen Teilen Österreichs organisiert, sondern auch 400 bis 500 Reisebusse erwartet, die Lehrer nach Wien bringen werden. Dazu wird der gesamte Ring gesperrt und zu einem großen Busparkplatz umfunktioniert. Das sei auch bereits mit der Wiener Polizei abgesprochen, berichtete Feiner.

Tausende Schüler demonstrierten

Jene Lehrer, die mit den Bussen nach Wien kommen, sollen dann zu Fuß direkt zum Ballhaus- bzw. Heldenplatz gehen, wo die große Kundgebung stattfinden wird. Jene, die mit den Sonderzügen am West- und am Südbahnhof ankommen, sollen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weiter in die Innenstadt kommen.

Die Lehrer sollen sich ab 10.00 Uhr auf dem Ballhaus- und dem Heldenplatz zur Kundgebung versammeln. Dort sind dann bis etwa 14.00 Uhr Reden der Spitzen der Lehrergewerkschafter, des GÖD-Präsidiums und am Schluss von GÖD-Vorsitzendem Fritz Neugebauer geplant. Österreich Schüler gingen schon heute in großen Städten in ganz Österreich Schüler gegen die geplante Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung auf die Straße (derStandard.at berichtet). (APA/red, derStandard.at, 20.4.2009)