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An der Stamford Bridge darf Philipp Prosenik in die Fußball-Lehre.

Foto: AP Photo/Lefteris Pitarakis

Wien - In den vergangenen Wochen ist Philipp Prosenik ein bisserl unruhig gewesen. Seinem Vater Christian ist das natürlich aufgefallen. "Er war im Kopf nicht frei." Der seit März 16-jährige Philipp hat vermutlich mit und auch gegen sich gerungen, jedenfalls ist er zum Schluss gekommen, dass er den Schritt unbedingt wagen möchte. "Ein Risiko bleibt immer" , sagt der Vater. Mutter Prosenik ist eher zum Heulen zumute, der Schmerz wird sich am 1. Juli multiplizieren. An diesem Tag haut der Bub aus Wien nach London ab. Und er soll dort zumindest drei Jahre bleiben. Chelsea hat den Mittelstürmer unter Vertrag genommen.

Rapid schaut, von einer geringen Ausbildungsentschädigung (circa 30.000 Euro) abgesehen, durch die Finger. In Hütteldorf hätten sie ihn gern behalten. Einsätze in der Ersten wären spätestens in der nächsten Saison wahrscheinlich gewesen. Sportdirektor Alfred Hörtnagl: "Gegen Chelsea ist man chancenlos. Man muss es positiv sehen. Es ist ein Beleg dafür, dass wir gute junge Spieler entwickeln."
Christian Prosenik (41) trainiert übrigens die U19 von Rapid. "Natürlich wäre es möglich gewesen, auch hier zu bleiben. Es gibt genügend Beispiele von jungen Fußballern, die es geschafft haben. Ich verweise auf Yasin Pehlivan oder Ümit Korkmaz. Aber Philipp wollte es unbedingt." Um den vorerst 1,88 Meter hohen Mittelstürmer (er wächst ja noch) buhlten auch Juventus, der AC Milan, Bayern München und ähnliche Kaliber. "Chelsea hat sich am intensivsten bemüht" , sagt der Vater.

Am Sonntag weilte die Familie in London, man hat das Trainingszentrum (bietet lediglich 32 Fußballplätze) im noblen Vorort Cobham begutachtet und mit dem dänischen Nachwuchschef Frank Arnesen gequatscht. Die Buben werden bei Gastfamilien untergebracht, die Proseniks haben ihre Wünsche deponiert. Die Ersatzeltern wohnen in der Nähe des Trainingszentrums, es muss zu Fuß in zwanzig Minuten erreichbar sein. Die schulische Bildung übernehmen Privatlehrer.
Philipp bekommt im ersten Jahr aus rechtlichen Gründen Taschengeld, danach ein richtiges Gehalt. Über die Höhe schweigt der Vater. "Es ist kein Kinderhandel. Die großen Vereine versuchen nicht zuletzt wegen der Finanzkrise, Talente sehr früh zu engagieren. 19-Jährige sind bereits zu teuer geworden."

Unumstritten sind die Transfers von Halbwüchsigen natürlich nicht. Manchester United möchte und wird dem 17-jährigen Italiener Federico Macheda einen Fünfjahresvertrag anbieten. Vor zwei Jahren wurde er aus Rom von Lazio geholt. Lazio-Präsident Claudio Lotito stößt das heute noch auf. "Es ist unglaublich, dass ein 15-Jähriger wie auf einem Viehmarkt gekauft werden kann."
Christian Prosenik hatte keinerlei Bedenken, als er für Philipp den Vertrag, der vom englischen Verband noch bestätigt werden muss (ein Formalakt), unterschrieb. "Es ist seine Chance, für ihn beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Er lernt eine Sprache, sammelt Erfahrungen, darf sich auf die Sache, die er liebt, konzentrieren."

Philipp wird noch bis Sommer das Sportgymnasium Maroltingergasse besuchen. Er nennt Fernando Torres sein Vorbild und sagt, "dass ein Traum in Erfüllung geht" . Der Vater verschwendet keinerlei Gedanken ans Scheitern. "Der Konkurrenzkampf wird enorm. Garantie hat er keine. Aber was soll's." Abgesehen davon müsse es ja nicht immer Chelsea sein. "Ich spielte für die Austria, für 1860 München, im Team und für Rapid. Auch nicht ganz schlecht."
Philipp Prosenik möchte die Chance in England nützen. Er muss sich zunächst in den diversen Akademie-Teams von Chelsea bewähren und die Konkurrenz ausschalten. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe, Dienstag, 21. April 2009)