Paris - Der Einfluss der Burschenschafter-Lobby in Österreich sei "immens" und "von der modernen österreichischen Gesellschaft voll akzeptiert", schreibt das französische Nachrichtenmagazin "L'Express" in einem zweiseitigen Bericht in seiner neuesten Ausgabe. Das sei deutlich geworden mit der Wahl von Martin Graf (FPÖ), einem Mitglied der deutschnationalen und vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft "Olympia", zum Dritten Nationalratspräsidenten. Diese Wahl durch die Abgeordneten "sowohl der Rechten als auch der Linken" sei im Parlament völlig problemlos über die Bühne gegangen.

"Olympia" sei eine der "Kaderschmieden der Ultrarechten", die ihren Nachwuchs an den österreichischen Universitäten rekrutiere, zitiert das Magazin den französischen Politologen Jean-Yves Camus. "Die Burschenschaften hätten nur eine anekdotische Bedeutung, wäre die extreme Rechte in Österreich nicht so gut in das demokratische Spiel integriert", erklärte DÖW-Mitarbeiter Heribert Schiedel im Gespräch mit "L'Express".

Das Burschenschafts-Netwerk zähle etwa 4.000 Vertreter in der "obersten Gesellschaftsschicht" - darunter prominente Ärzte, Richter, Aufsichtsratsmitglieder und Spitzenbeamte. Namentlich angeführt wird Gerald Waitz von der Tiroler Burschenschaft "Brixia", ehemals Pressesprecher des Justizministeriums. Diese besonderen Verbindungen könnten auch eine Erklärung dafür sein, dass manche Verleumdungsprozesse von Burschenschaften gegen "allzu neugierige Journalisten" gewonnen worden seien, meinte Schiedel. 

Burschenschafter-Reportage auch in schottischer Zeitung

Auch der schottische "Sunday Herald" berichtete ins seiner gestrigen Ausgabe über die Burschenschafter-Szene in Österreich. Der Autor Billy Briggs geht dabei vor allem auf die Verbindungen zwischen der extrem-rechten Szene, den Burschenschaftern und der FPÖ ein. Briggs - der schon Mitte Mai im britischen Daily Mail eine Reportage zur Rechtsextremismus in Österreich veröffentlicht hat (derStandard.at berichtete) - sieht eine Ansteigen rechter Aktivitäten vor allem im studentischen Milieu. Die andauernde Debatte um den Siegfriedskopf an der Universität Wien, wo sich Burschenschafter jede Woche treffen, ist für ihn ein "Mikrokosmos österreichischer Politik", die nicht zuletzt durch das erneute Erstarken rechter Parteien bei den letzten Wahlen an Aktualität gewonnen hat. (APA, red)