Zilk hat für Geld dem tschechischen Geheimdienst Geschichten aus dem Innenleben der SPÖ erzählt, und der langjährige Presse-Chefredakteur Schulmeister stand in enger Verbindung mit dem US-Geheimdienst CIA und hat vielleicht sogar gelegentlich seine Leitartikel nach der US-Politik ausgerichtet.
Sieht beides nicht gut aus, wenngleich ein Unterschied ist, ob einer Geld genommen hat oder eben nicht.
Ein weiterer Unterschied ist, dass die Faymann-SPÖ die ziemlich eindeutigen Fakten im Fall Zilk ignoriert und mit wütenden Attacken wegzuwischen versucht; während der jetzige Chefredakteur der Presse, Michael Fleischhacker, eine seriöse, durchdachte Haltung einnimmt und jedenfalls nicht in die üblichen Abwehrreflexe verfällt.
Das Wichtigste in der gegenwärtigen Debatte über die Verstrickung und Nichtverstrickung prominenter Österreicher in die Auseinandersetzung des Kalten Krieges, ist aber, dass Klarheit über ein paar fundamentale Fakten hergestellt wird.
So grotesk es für viele Jüngere heute gelten mag - es gab damals nicht irgendwie zwei gleich skeptisch zu betrachtende Machtblöcke, die eben Machtpolitik betrieben -, sondern es gab, jawohl, die Guten und die Bösen. Es gab die westlichen Demokratien mit der Führungskraft USA, und es gab einen totalitären Ostblock mit der Führungskraft UdSSR. Dazwischen gab es ein Österreich, das tief in die nationalsozialistischen Verbrechen verstrickt gewesen war und sich mühsam auf einen Weg in Richtung Demokratie machte.
Die "West-Alliierten" - USA, Großbritannien, Frankreich - unterstützten diesen Weg zur Demokratie; die Sowjetunion hätte dieses Österreich ganz gern ihrem Reich der brutalen Unterdrückung einverleibt, wenn es leicht gegangen wäre, fand die Mühe dann aber doch zu groß.
Das muss man sich in Erinnerung rufen, wenn man das Verhalten so vieler in der damaligen Zeit beurteilen will.
Heute gibt es eine Tendenz, die beiden Machtblöcke gleichzusetzen. Beide betrieben eben Machtpolitik, beide waren moralisch gleichwertig.
Nichts ist falscher als das. Die Sowjetunion unter Stalin hatte mehrere Millionen ihrer Bürger bewusst umgebracht. Stalin hatte sich ganz Osteuropa mit Waffengewalt unterworfen. Die Westmächte, vor allem die USA, haben ihren Anteil an Fehlern, vielleicht auch moralischen Verbrechen begangen. Aber die Sowjets errichteten in den Gebieten, aus denen sie Hitler-Deutschland vertrieben, ein neues diktatorisches, mörderisches Regime.
Die Westmächte, vor allem die USA, betrieben hingegen eine Politik, den vom Nationalsozialismus vergifteten Menschen die Demokratie beizubringen. Das war die "Umerziehung", die unbelehrbaren Nazi-Nostalgikern verhasst war und ist; von Leuten, die vom Dritten Parlamentspräsidenten Martin Graf jetzt ins Parlament eingeschleppt werden. Das war auch das Motiv für Zeitungsgründungen. Der Spiegel in Deutschland ist aus diesem großen Demokratieprojekt entstanden, der Kurier in Österreich, möglicherweise auch die Presse. Die Amerikaner und die Briten haben den Anstoß gegeben. Da waren auch Geheimdienstoffiziere dabei? Na sicher, anders war es in den Anfangsjahren nicht möglich, meist waren es Flüchtlinge vor Hitler. Mit der Zeit wurden diese Publikationen in die Unabhängigkeit entlassen.
Sie haben sich auch emanzipiert, manche bis zum Anti-Amerikanismus. Manche der Journalisten der ersten Stunde haben sicher Grenzen des professionellen Ethos überschritten. Aber eines war immer klar: Auf der einen Seite stand eine, wenn auch oft fehlerhafte, Demokratie. Auf der anderen der blanke Despotismus. (Hans Rauscher, DER STANDARD; Printausgab,e 21.4.2009)