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Dieser Mann hatte Glück: Er wurde nach mehr als einem Jahr Haft in der US-Basis Guantánamo Bay auf Kuba freigelassen. 650 mutmaßliche Al-Kaida-Terroristen und Taliban-Kämpfer werden dort noch immer festgehalten

Foto: REUTERS/Bazuki Muhammad

Den internierten Terrorverdächtigen in Guantánamo bleibt der Zugang zu US-Gerichten verwehrt. Nach einem jüngsten Urteil können sie unbefristet und ohne rechtlichen Beistand festgehalten werden. Der Grund: Guantánamo ist unter kubanischer Jurisdiktion.

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Washington/Berlin - Ein US-Bundesgericht hat am Dienstag entschieden, dass die 650 in Guantánamo/Kuba festgehaltenen Taliban und Al-Kaida-Terrorverdächtigen keine Rechte in den USA haben. Daher können sie sich auch nicht an Gerichte in den Staaten wenden, die ihre Festnahme überprüfen könnten. Die USA können die Internierten somit auf unbefristete Zeit festhalten und ihnen auch jede anwaltliche Hilfe verweigern.

Die Rechtsvertreter von 16 in Guantánamo festgehaltenen Männern hatten die Beschwerde eingebracht. Der Dreiersenat am Gericht des District of Columbia berief sich allerdings einstimmig auf ein höchstrichterliches Urteil aus dem Zweiten Weltkrieg, das feststellt, dass Kuba die Jurisdiktion über die gepachteten US-Militärbasen auf der Insel hat. Amerikanische Gerichte hätten dort keinerlei Zuständigkeit.

Der US-Justizminister John Ashcroft pries die Entscheidung als einen wichtigen Sieg im Kampf gegen den Terrorismus: "In Zeiten des Krieges muss der Präsident imstande sein, unsere Nation vor Feinden zu schützen, die unschuldige Amerikaner schädigen wollen", sagte er. Die Terroristen dürften nicht die Aufmerksamkeit von der militärischen Offensive der USA im Ausland auf eine juristische Defensive im Inland lenken.

Die Anwälte der Internierten und zahlreiche Menschenrechtsgruppen indes erklärten, dass die Vereinigten Staaten für ihren "übereifrigen Kampf" gegen den Terrorismus den grundsätzlichen amerikanischen Anspruch auf Rechtsschutz opferten.

Schily kritisiert USA

Der deutsche Innenminister Otto Schily hat den Umgang der USA mit gefangenen mutmaßlichen Terroristen scharf kritisiert. In dieser Frage gebe es tief gehende Meinungsverschiedenheiten mit der Regierung in Washington, sagte Schily in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Zeit. Das ungewisse Schicksal der festgehaltenen Taliban und mutmaßlichen Al-Kaida-Terroristen sei ein "sehr heikles Problem", das dringend gelöst werden müsse.

Leider sei die Gesprächsbereitschaft Amerikas "an dieser Stelle nicht sehr weit entwickelt", erklärte Schily. Er forderte, man solle sich entscheiden, ob sie "Kriegsgefangene oder Kriminelle" seien. "Würden wir Osama Bin Laden in Deutschland festnehmen", sagt Schily, "dann käme er hier vor Gericht und könnte alle Rechte eines Beschuldigten oder Angeklagten in Anspruch nehmen. Das wäre auch richtig." (AP/DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2003)