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Gratulationen für die sichtlich erfreute Wahlsiegerin Anneli Jääteenmäki.
Helsinki/Wien - In Finnland könnten nach den gestrigen Parlamentswahlen die Koalitionsverhandlungen diesmal länger als gewohnt dauern. Bei den Wahlen am Sonntag überflügelte die Zentrumspartei unter der Führung der 48-Jährigen Anneli Jäätteenmäki die Sozialdemokraten (SDP) von Minsterpräsident Paavo Lipponen nur um zwei Zehntelprozentpunkte. Beide Parteien erzielten Stimmengewinne. Jäätteenmäki hat schon vor den Wahlen für diesen Fall Anspruch auf die Regierungsspitze angemeldet. Um Finnlands erste Ministerpräsidentin zu werden, muss sie allerdings zuerst eine Regierung zu Stande bringen.
Das Zentrum wird mit 55 Abgeordneten im neuen Parlament vertreten sein, die Sozialdemokraten mit 53. Erklärte Wahlverliererin ist die dritte große Partei Finnlands, die konservative Sammlungspartei. Sie büßte sechs Sitze ein und hält nun bei 40 Mandaten. Das Linksbündnis kommt auf Sitze 19 (-1), die Grünen auf 14 (+3), Die Schwedische Volkspartei auf 8 (-3) und die Christlichen Demokraten auf 7 Sitze (ebenfalls -3). Als kleine Überraschung gewann die rechte Splitterpartei "Wahre Finnen" zwei Abgeordnete zu ihrem bisher einzigen dazu.
Grüne wollen unbedingt wieder in der Regierung mitmischen
Die finnischen Grünen wollen jedenfalls in der kommenden Legislaturperiode Regierungsverantwortung übernehmen. Das beschloss deren Parteivorstand nach den Parlamentswahlen heute, Montag. Auf die Frage, mit welchen Parteien eine Zusammenarbeit für die Grünen möglich wäre, antwortete Parteichef Osmo Soininvaara, die Partei sei diesbezüglich sehr "weitherzig". Obwohl er am ehesten an eine Koalition aus Zentrum und Sozialdemokraten glaube, sei dies nicht eine ausdrückliche Präferenz der Grünen, so Soininvaara laut einer Meldung der Nachrichtenagentur STT.
Die Grünen gehen aus den Parlamentswahlen von Sonntag gestärkt hervor und werden künftig 14 von 200 Abgeordneten in die finnische Volksvertretung entsenden. Der oder die Vorsitzende der größten Fraktion erhält laut der neuen, bei Parlamentswahlen erstmals anzuwendenden Verfassung vom Parlament den Auftrag zu Sondierungsgesprächen. Dieser Auftrag wird somit am Anfang nächster Woche an die Chefin der Zentrumspartei, Anneli Jäätteenmäki, ergehen.
Koalition von Zentrumspartei und Sozialdemokraten erwartet
Die meisten politischen Beobachter beurteilen eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten als die wahrscheinlichste Variante. Dafür spricht, dass sich Premier Lipponen noch am Wahlabend für eine möglichst breite Regierungszusammenarbeit aussprach. Er hatte im Wahlkampf auch wiederholt vor einer "bürgerlichen Koalition" aus Zentrum und Sammlungspartei gewarnt. Der 61-jährige Lipponen würde in diesem Fall vermutlich den Ko-Piloten-Sessel in der Regierung neben Jäättenmäki jemand anderem überlassen und könnte etwa den Posten des Parlamentspräsidenten übernehmen.
Bürgerliche Koalition gilt als unwahrscheinlich
Die bürgerliche Koalition (in der bildhaften finnischen Kurzformel Sinimulta - Blauerde genannt, Anm.) gilt laut dem Politologen Bernd Auffermann als unwahrscheinlich. Weder stimmt die Chemie zwischen den beiden Parteien, noch wäre eine derartige Koalition laut Umfragen in der Bevölkerung besonders beliebt. Für diese Variante wäre zudem die Unterstützung mindestens einer weiteren Partei notwendig.
Sollte Jäättenmäki mit der Regierungsbildung scheitern, gilt eine Fortsetzung der bisherigen "Regenbogenkoalition" aus Sozialdemokraten, Sammlungspartei, Linksbündnis und Schwedischer Volkspartei, eventuell unter neuerlicher Einbindung der Grünen, als ausgemachte Sache. Die Grünen waren erst im vergangenen Mai als Folge der Pro-Atom-Entscheidung des finnischen Parlaments aus der Regierung ausgeschieden.
Ex-Boxer mit SS-Tattoo für die "Wahren Finnen" im Parlament
Für Aufsehen in Finnland sorgte die hohe Anzahl an Vorzugsstimmen für den "Wahren Finnen" und ehemaligen Profiboxer Tony Halme, der landesweit mehr Vorzugsstimmen (16.390) einheimste als Anneli Jäätteenmäki (15.657) und in das Parlament als Abgeordneter einziehen wird. Halme hatte durch wiederholte Beleidigung von Ausländern und seine SS-Tätowierung von sich reden gemacht.
In Finnland funktionieren bekannte Personen, die für politische Parteien kandidieren immer wieder als Stimmenmagneten. Außer Halme wurde auch die Ex-Miss-Finnland Tanja Karpela (für die Zentrumspartei) wiedergewählt. Abgeordnete werden auch der Schlagersänger Mikko Alatalo (ebenfalls Zentrum) und die Leichtathlethin Sari Essayah (Christliche Demokraten) gewählt.(APA/STT)