Wien/Graz - "Sentimental werden wir erst nach dem Festival!" Mit diesen Worten beschloss die Kointendantin Christine Dollhofer am Freitag die Programmpressekonferenz der Diagonale 2003, die von den Vorgängen um die Neuausschreibung der Intendanz und die De-facto-Absetzung Dollhofers geprägt war. Das amtierende Intendantenteam Dollhofer/Wulff betonte nochmals, dass man vor allem die Vorgangsweise des BKA beanstande.

Das diesjährige Festival des österreichischen Films in Graz präsentiert an sechs Tagen insgesamt 172 Filme. Der Großteil davon, nämlich 121, sind heimische Produktionen. Eröffnet wird am 24. März mit Nina Kusturicas Spielfilmdebüt Auswege, in der Folge werden mehr als sechzig weitere österreichische Uraufführungen aus den Bereichen Spiel-, Dokumentar- und Avantgardefilm zu sehen sein.

Das Diagonale-Special ist dem serbischen Regisseur Zelimir Zilnik gewidmet. Die beiden "Festivals im Dialog" sind heuer die FINALE Pilsen (CZ) und das Festival des slowenischen Films Portoroz. Außerdem findet ein slowenisch-österreichisches Branchentreffen statt.

Wesentliche Programmpunkte also, die die vom BKA geforderte "Neuorientierung" des Festivals gen "Mittel- und Osteuropa" längst erfüllen. Zum anderen deutet die Ausschreibung des BKA, die, so Dollhofer, den Vereinsstatuten der Diagonale nicht entspreche, jedoch auf eine grundlegendere Neukonzeption des Festivals hin. Was in der heimischen Filmszene für Unmut und angesichts der erfolgreichen Positionierung der Diagonale durch Dollhofer und Wulff etwa auch bei den Förderern weiterhin für Erstaunen sorgt.

Beirat zurückgetreten

Der Diagonale-Beirat, der die Bewerbung von Dollhofer um die Weiterführung der Diagonale nach dem Ausscheiden ihres Kointendanten Wulff beim BKA ausdrücklich unterstützt hatte, hat Staatssekretär Franz Morak inzwischen schriftlich seinen Rücktritt mitgeteilt. In der Begründung der Mitglieder - die Filmemacher Christian Berger, Michael Kreihsl und Peter Tscherkassky, der Produzent Dieter Pochlatko und der Verleiher Michael Stejskal - heißt es unter anderem:

"Der Ausschreibung entnehmen wir, dass der Charakter des Festivals massiv verändert werden soll. An die Stelle einer jährlichen nationalen Filmschau (...) soll, wie dem Ausschreibungstext zu entnehmen ist, offensichtlich eine Art Festival für den mitteleuropäischen Film treten.

Ein Festival dieser Art wäre sehr begrüßenswert, hat aber mit einer Leistungsschau des heimischen Filmschaffens wenig zu tun. Gerade diese Zusammenschau der Jahresproduktion halten wir jedoch für unverzichtbar."

Bereits mehrere Hundert Einzelpersonen sowie Vertretungen wie der Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden, die IG Autorinnen Autoren, IG Bildende Kunst, IG Freie Theaterarbeit, der Verband Österreichischer Filmausstatter und der Verband der österreichischen Filmregisseure haben seit Donnerstagabend eine Diagonale-Petition unterzeichnet.

Darin wird unter anderem "ein offener Dialog" gefordert sowie "die Einbeziehung der österreichischen Filmschaffenden und des Diagonale-Beirats in den Prozess der Entscheidungsfindung und die sofortige Einsetzung einer Expertenkommission aus Vertretern der Filmbranche, die unabhängig agieren und die Entscheidung über die Bestellung der zukünftigen Festivalleitung objektiv treffen kann." (DER STANDARD, Printausgabe, 15.3.2003)