
In Atalay Tasdikens Mommo hoffen zwei türkische Kinder auf ein Visum für Deutschland.
Linz - Die Arbeiten einer neuen Generation des türkischen Kinos stellt das Linzer Filmfestival Crossing Europe mit der Reihe "Young Turkish Cinema" vor. Die Intendanz will damit die neuere Entwicklung und den Aufschwung der Nachfolger von Nuri Bilge Ceylan oder Yesim Ustaoglu auch hierzulande bekannt machen. Denn die Künstler sind bereits international erfolgreich, ihre Arbeiten hatten auf diversen Filmfestivals Premiere.
Es ist ein variantenreiches Spektrum an Filmen, die sich in dieser Reihe finden - von Familiendramen bis hin zur Behandlung der jüngeren türkischen Geschichte wie etwa in Özcan Alpers Film Sonbahar (Autumn). Ein Student kommt wegen seines politischen Engagements für freie Meinung und Demokratie in ein Istanbuler Gefängnis. Zehn Jahre später wird er entlassen und findet nur mehr Teile seiner Familie vor. Er flüchtet in die Einsamkeit der Berge. Der Film zeigt einen kritischen Blickwinkel von innen auf eine Türkei, die immer noch zwischen Moderne und Tradition hin- und hergerissen ist.
Ein besseres Leben
Das Thema "Migration" greift Atalay Tasdiken in seinem Film Mommo (The Bogeyman) auf, der ebenfalls in Linz zu sehen ist. Zwei Enkelkinder wachsen bei ihrem Großvater in äußerst ärmlichen Verhältnissen auf. Es meldet sich eine Tante aus Deutschland, die verspricht, sie zu sich zu holen. Als die Papiere der Kinder aber auf sich wartenlassen, schwinden die Hoffnungen, die Geschwister sollen getrennt werden. Der stille Film handelt von den Träumen eines besseren Lebens aus der Sicht der Kinder, die ihrem Schicksal mit Angst und Freude entgegengehen.
Eine Veränderung in Richtung EU behandelt Regisseur Semih Kaplanoglu in Süt (Milk). Der Film ist der zweite Teil einer Trilogie des Regisseurs, die mit Egg ihren Ausgang nahm und mit Honey enden soll, und thematisiert den Weg der Türkei nach Europa anhand einer Frau und ihres Sohnes in einer anatolischen Kleinstadt. Als dort die ersten Supermärkte aufmachen, ist der kleine Milchladen der Familie nicht mehr gefragt. Sie verliert ihre Existenzgrundlage.
Gemeinsam ist den meisten gezeigten türkischen Filmen, dass sie den Schnittpunkt Moderne und Tradition behandeln. Crossing Europe präsentiert auch in anderen Programmschienen Werke aus dem Land wie etwa im Wettbewerb Uzak Ihtimal (Wrong Rosary) von Mahmut Fazil Coskun zu sehen. Auch hier verlässt ein Mann die ländliche, traditionelle Gegend, um in Istanbul als Muezzin zu arbeiten. (APA)