Washington - Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt die weltweiten Verluste der Finanzwirtschaft in der Krise auf mehr als 4 Billionen Dollar (3 Billionen Euro). Die gewaltige Abschreibungssumme ist damit doppelt so hoch wie bei einer früheren Schätzung des Währungsfonds vor einem halben Jahr.
Erstmals legte die Organisation eine weltweite Schätzung vor. Es sei denkbar, dass die Verluste 4 Billionen Dollar übertreffen könnten, hieß es. Zugleich rief der IWF die Regierungen auf, mehr zur Bereinigung der Bankbilanzen von sogenannten Giftpapieren zu tun.
Damit erhöhen sich die Abschreibungen von Banken und anderen Finanzinstituten auf Ramschpapiere und faule Kredite bis Ende 2010 dramatisch, wie es im jüngsten IWF-Bericht zur Stabilität der Finanzmärkte heißt. Es dürften beinahe doppelt so viel sein als bisher angenommen.
Zwei Drittel der erwarteten Abschreibungen entfielen dabei auf Banken, der Rest auf Versicherer und Pensionsfonds.
USA, Europa und Japan
Die Schätzungen umfassen laut IWF Vermögenswerte aus den USA, Europa und Japan. Die Verluste alleine durch US-Papiere und Kredite bezifferte der Weltwährungsfonds auf 2,7 Billionen Dollar, rund 500 Milliarden mehr als noch im Jänner.
Aus Europa stammende Ramschpapiere und Darlehen könnten Abschreibungen in Höhe von 1,2 Billionen Dollar nach sich ziehen. Bisher hatte der IWF nur Vermögenswerte aus den USA betrachtet.
Solange die Bilanzen der Banken nicht von Problem-Papieren befreit werden und dies nicht, wo nötig, durch Umstrukturierungen und frisches Kapital begleitet wird, werden die Probleme der Banken die Wirtschaft weiter belasten. Laut der Wirtschaftsagentur Bloomberg veröffentlichten Finanzinstitute bis zum Anfang des Monats Verluste und Abschreibungen durch Giftpapiere über rund 1,3 Billionen Dollar.
Unvollständige Abschreibungen
Die Banken erst noch zwei Drittel ihrer Verluste abschreiben, heißt es in dem Bericht, die bisherigen Abschreibungen seien "unvollständig".
Besonders für europäische Banken prognostiziert der IWF schwierige Zeiten, da vor allem in Osteuropa noch massive Kreditausfälle zu erwarten seien. Während für die Rekapitalisierung des Finanzsektors in den USA laut IWF noch 275 Mrd. Dollar benötigt würden, liege der Bedarf in Europa bei 600 Mrd. Dollar. "Die Kreditkrise könnte sich für europäische Banken noch erheblich vertiefen", heißt es in dem IWF-Bericht.
Um die Kapitalisierung der Banken wieder bis auf das Niveau wie Mitte der 90er Jahre zu bringen, würden in den USA weitere 500 Mrd. Dollar und in Europa sogar weitere 1,2 Bill. Dollar benötigt.
Der IWF hält die weltweite Finanzkrise trotz einzelner Anzeichen für eine Stabilisierung für noch lange nicht überwunden. Die Lage bleibe gespannt und die Krise habe sich verbreitert, hieß es in dem am Dienstag veröffentlichten IWF-Bericht zur weltweiten Finanzstabilität.
Reinigung der Bankbilanzen
"Ohne eine Reinigung der Bankbilanzen von belasteten Anlagen, begleitet von einer Restrukturierung und, wenn nötig, Rekapitalisierung, bleibt das Risiko, dass die Bank-Probleme die wirtschaftliche Entwicklung nach unten reißen", hieß es weiter.
Die Kreditvergabe wachse immer weniger und werde in einigen Regionen, wie den USA und der Euro-Zone, in naher Zukunft sinken. Sie werde sich wohl auch erst nach einigen Jahren wieder ganz erholen. Immerhin sieht der Fonds als Resultat der Hilfeprogramme einige Frühzeichen der Stabilisierung. Allerdings bedürfe es weiterer entschiedener, effektiver und international koordinierter politischer Maßnahmen, um diese Besserungstendenzen zu stärken. Die zentrale Herausforderung sei, die Abwärtsspirale von Finanzmarktkrise und Wirtschaftskrise zu durchbrechen.
Der Fonds unterstrich die Notwendigkeit, bei aller Unterschiedlichkeit der Maßnahmen international koordiniert vorzugehen. (APA/AP/dpa-AFX/Reuters)