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Verdächtiger wird nach gerichtlicher Befragung 2007 unter hoher Wachsamkeit abgeführt
Berlin/Düsseldorf - "Allah hat noch viel mit mir vor." Davon ist der zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alte Daniel S. überzeugt, als er am 4. September 2007 im sauerländischen Dorf Medebach-Oberschledorn verhaftet wird. Doch ab heute, Mittwoch, wird dem jungen Deutschen, der zum Islam konvertierte, vorrangig weltliche Gerechtigkeit zuteil. Er steht mit seinen Mitstreitern Fritz G, Adem Y. und Atilla S. vor dem Landgericht Düsseldorf. Dort erwartet sie einer der größten Terrorprozesse, den Deutschland je erlebt hat. Die Unterlagen füllen 532 Ordner, das Verfahren wird vermutlich zwei Jahre lang dauern.
Schon die Verlesung der Anklage durch den Staatsanwalt wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Mitgliedschaft in einer in- und ausländischen terroristischen Vereinigung, Vorbereitung und Verabredung eines Sprengstoffverbrechens sowie Verdacht der Verabredung eines Mordes werden dem Quartett vorgeworfen. Daniel S. ist zudem wegen versuchten Mordes und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt.
Der Prozess wird die Deutschen wieder daran erinnern, dass ihr Land längst nicht mehr Rückzugs- und Vorbereitungsraum für Terroristen ist, sondern auch "Zielgebiet", wie es in einer Einschätzung des Bundeskriminalamtes heißt. Der Plan der vier, der durch den Zugriff der Polizei vereitelt wurde, ließ die Deutschen erschauern: Auf Geheiß der Islamischen Dschihad-Union (IJU) sollten die Angeklagten Anschläge mittels Autobomben auf US-Bürger und US-Einrichtungen durchführen. Im Visier hatten sie Gaststätten, Discotheken und Flughäfen in den Großstädten Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und München.
Beim Bombenbau gefasst
Als die Fahnder im September 2007 in einem sauerländischen Ferienhaus zuschlagen, sind die jungen "Gotteskrieger" gerade am Basteln. Sie bereiten ein hochexplosives Gemisch vor, für dessen Bau sie sich zuvor zwölf Fässer mit 700 Kilogramm Wasserstoffperoxid beschafft haben. Daraus wollen sie drei Bomben mit einer Sprengkraft von 410 Kilogramm TNT bauen.
Sie ahnen jedoch nicht, dass sie mit einer ungefährlichen Flüssigkeit hantieren. Ermittler hatten den ursprünglichen gefährlichen Inhalt der Fässer schon zwei Monate zuvor ausgetauscht. Denn die Fahnder sind den Islamisten, die laut Anklage im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet ein Terrortraining absolviert haben sollen, schon seit Jänner 2007 - wohl nach einem Hinweis der CIA und des türkischen Geheimdienstes - auf der Spur. 600 Einsatzkräfte verfolgen die Männer, hören Wohnungen sowie Autos ab und wissen somit, dass die Islamisten in diesen Monaten 200-mal 60 verschiedene Internetcafés besuchten.
Von ihren Verfolgern bemerken diese nichts. Kurz vor ihrer Verhaftung malen sie sich noch mit schwäbischem Akzent aus, wie der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf die geplanten verheerenden Anschläge wohl reagieren wird: "Wenn der Schäuble vor die Presse tritt, ey, des wird supergeil." (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 22.4.2009)