
Die Göd bekam am Mittwoch zweimal Besuch von protestierenden Schülern.
"Die Pisa-Studie läuft gut, aber nicht problemlos" , lautet die aktuelle Zwischenstandsbeschreibung durch das Bifie-Zentrum nach einer Woche Pisa-Test in den Schulen. Der Boykottaufruf durch Bundesschulsprecher Nico Marchetti von der ÖVP-nahen Schülerunion bescherte diesem Verein nun eine Klagsdrohung.
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Wien - "Bitte tu die Hacke von meinem Kopf weg!" , flehte die Aktivistin den Burschen in der schwarzen Kutte an. Er hatte vor seinem Gesicht eine Fritz-Neugebauer-Kartonvisage und in der Hand einen Krampen. Gemeinsam mit einem Kollegen - dieser trug ein Josef-Pröll-Kartongesicht - rückte er symbolisch zwei auf der Straße hockenden Schülern auf den Leib.
Teil eins der Schülerproteste am am Mittwoch führte am Vormittag ein Dutzend Jugendliche von der SPÖ-nahen Aktion Kritischer Schüler (AKS) und der Sozialistischen Jugend (SJ) zur Zentrale der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Am Nachmittag hatte eine Demo der Gruppe "Revolution" und der Liga der Sozialistischen Revolution den gleichen Zielort.
Grund für die Hacken-Attacken vor der GÖD war die von der Lehrergewerkschaft im Streit mit Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) angebotene Preisgabe der schulautonomen Tage. Für die Schüler heißt das vier (Pflicht-) oder fünf (weiterführende Schulen) freie Tage weniger. "Wir zeigen mit der Aktion, wie die ÖVP und Beamtenchef Neugebauer mit den Schülern umgehen: Zuerst auf unsere Solidarität bauen, dann das Hackl ins Kreuz hauen" , sagte Philipp Lindner (SJ) zum Standard.
Am Freitag will die Bundesschülervertretung den Schüler-Protest vor das Parlament lotsen.
Aus dem Bildungsministerium hieß es, die Nutzung der zusätzlichen Schultage werde nun mit den Schulpartnern und parlamentarisch geklärt. "Diese Tage müssen den Schülern etwas bringen."
Sommerferien verkürzen
ÖVP-Schulquerdenker Andreas Schnider, der schon Parteifreundin Elisabeth Gehrer mit Ganztags- und Gesamtschulvisionen auf Trab hielt, drängt sich im Zusammenhang mit den abgeschafften schulfreien Tagen die Frage auf:"Wo findet jetzt Fortbildung der Lehrer statt, für die die schulautonomen Tage ja da waren?" Der Vorschlag des steirischen Bundesrats: "Die Fortbildung gehört jetzt in die großen Sommerferien" , sagte er zum Standard.
Er würde auch gleich das Thema Ferien an sich angehen: "Neun Wochen sind wirklich überlang, schon aus Biorhythmus-Gründen sollten die Sommerferien um eine Woche verkürzt und daraus Herbstferien gemacht werden."
Ferienpläne beschäftigen die ÖVP-nahen Schülervertreter eher nicht. Sie bekamen Post vom Anwalt des Bundeszentrums für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung (Bifie), das die gerade laufende Pisa-Studie durchführt. Nach seinem Boykott-Aufruf habe die Schülerunion eine "Klagsdrohung" erhalten, berichtete Bundesschulsprecher Nico Marchetti von der ÖVP-nahen Schülerunion am Mittwoch. Es gehe um eine Schadenssumme bis zu einer Million Euro, so Marchetti: "Diese Klagsdrohung ist offenbar dazu angetan, die Schülervertreter unter Druck zu setzen und einzuschüchtern." Ministerin Schmied solle auf das Bifie einwirken, "die Klagsdrohung umgehend zurückzuziehen" .
Aus Schmieds Büro, das von der Klagsdrohung erst kurz davor informiert worden war, hieß es am Mittwochnachmittag, man "akzeptiert" die Bifie-Vorgangsweise, rufe aber beide Seiten auf, nach einer Lösung zu suchen. Die Ministerin und der Schülervertreter treffen einander heute, Donnerstag.
Laut Bifie-Sprecher Robert Allmer habe das Zentrum der Schülerunion ein "Schreiben zukommen lassen, in dem wir darauf hinweisen, welcher finanzielle Schaden entstehen kann, wenn die Pisa-Studie boykottiert wird".
Wie der Chef der Schülerunion, Matthias Hansy, dem Standard sagte, stehe in dem Brief zwar "keine Ziffer drin, aber das Bifie droht, straf- und zivilrechtlich gegen uns vorzugehen, weil wir illegal zu einer gesetzwidrigen Handlung aufgerufen hätten. Dabei ist ja nur die Teilnahme am Pisa-Test, nicht aber das Ausfüllen verpflichtend." Die Pisa-Testung an sich kostet ( der Standard berichtete) 505.000 Euro, die komplette Studie eine Million. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD-Printausgabe, 23. April 2009)