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München - Die Fähigkeit nachtaktiver Säugetiere, auch in der Dunkelheit zu sehen, beruht auf der speziellen "Zellkern-Architektur" in den Lichtsinneszellen ihrer Augen. Das berichten Humangenetiker der Universität München, in Kooperation mit Forschern aus Frankfurt, Großbritannien und Kanada. Sie untersuchten, wie die Zellkerne in den Stäbchen bei vierzig verschiedenen Tieren organisiert sind, darunter Rinder, Pferdeartige, Katzen, Mäuse, Hasentiere und Primaten. Die Sehzellen der nachtaktiver Arten bündeln das Licht statt es zu streuen, wofür die Zellkerne eine entscheidende Rolle spielen. Es komme nicht auf die von ihnen enthaltene Erbinformation an, sondern auf die Art deren Bündelung, so die Forscher im Fachmagazin "Cell".

Was die Augen nachtaktiver Säuger von denen anderer Tiere unterscheidet, ist die Architektur der Zellkerne ihrer Sehstäbchen. Deren DNA ist bei allen Tieren platzsparend um Proteine namens Histone gewickelt und bildet somit einen sogenannten Chromatin-Komplex. Umgekehrt zu den tagaktiven Säugetieren (sowie generell den meisten Tieren) sind bei nachtaktiven Säugern die benötigten Chromatine im äußeren Bereich des Zellkerns angeordnet statt innen. Die dichter gewickelten, nicht benötigten Abschnitte liegen im inneren Bereich des Zellkerns. Ihre gesteigerte Fähigkeit zur Lichtbrechung machen sie zu einer Mikrolinse, die das Licht bündelt. Durch die Wirkung mehrerer übereinander liegender Zellkerne wird das Licht fast ohne Streuverluste in Richtung der lichtempfindlichen Pigmente weitergeleitet. Somit steigert sich die Lichtausbeute, und das Sehen wird trotz Dunkelheit möglich.

"Die wesentliche Erkenntnis dieser Forschung ist, dass Säugetiere die Architektur ihrer Zellkerne an ihren Lebensstil anpassen", betont Boris Joffe vom Biozentrum Martinsried der Universität München. Säugetiere haben es im Lauf der Evolution geschafft, anders als Reptilien auch nachts eine konstante Körpertemperatur aufrecht zu erhalten - andere Anpassungen an die so ermöglichte nächtliche Lebensweise folgten. "Dass sich dabei die Anordnung der DNA in den Rezeptorenzellen so entwickelt hat, ist kein Zufall. Aufgrund der Wichtigkeit ihrer Sehstäbchen sehen sie vor allem Schwarz-Weiß, während das Farbsehen, das über die Zapfen verläuft, wenig ausgeprägt ist." Als Preis für ihre Fähigkeit zur Nachtsicht sind daher die meisten Säugetiere nach unseren Primatenmaßstäben -  je nach Ordnung mal mehr, mal weniger - farbenblind. (pte/red)