Düsseldorf - Im deutschen Terrorprozess gegen die islamistische Sauerland-Gruppe ist das Gericht am Donnerstag auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Die 17 als Zeugen geladenen Verwandten der vier Angeklagten verweigerten im Düsseldorfer Oberlandesgericht die Aussage. Gleichzeitig eskalierte am zweiten Prozesstag die Konfrontation zwischen dem mutmaßlichen Terroristen Adem Yilmaz und dem Gericht. Für Yilmaz' Zwischenrufe und seine Weigerung, bei Eintritt des Senats aufzustehen, verhängte das Gericht insgesamt zwei Wochen Ordnungshaft gegen den Angeklagten.

Yilmaz' Verteidigerin Ricarda Lang sagte, ihr Mandant sehe sich außerstande, sich vor dem Gericht zu erheben - "das verbietet ihm seine Religion". Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling entgegnete, nicht einmal der islamistische "Kalif von Köln" habe seinerzeit ein Problem damit gehabt, sich beim Eintritt des Gerichts zu erheben.

"Provokatives Verhalten"

Breidling begründete die Ordnungshaft gegen Yilmaz mit dessen "provokativen Verhalten", das seine "Missachtung des Gerichts zum Ausdruck" bringe. "Sie können sich überlegen, ob Sie das so fortsetzen", sagte er an Yilmaz gewandt. Die Ordnungshaft unterbricht die Untersuchungshaft - entsprechend würde sich im Fall einer Verurteilung die Strafhaft für Yilmaz verlängern.

Als Yilmaz am Donnerstag erneut sitzenblieb und die Bundesanwaltschaft eine weitere Woche Ordnungshaft beantragte, rief der Angeklagte "Dankeschön". Breidling drohte daraufhin, Yilmaz von der Hauptverhandlung auszuschließen. Yilmaz quittierte das wiederum mit einem "Dankeschön". Die Bitte des Richters an die Verteidiger, sich "des Temperaments ihres Mandanten anzunehmen", stieß bei den Anwälten auf Ablehnung: "Unser Mandant ist erwachsen. Er weiß selbst, was er tut", sagte Anwältin Lang.

Das Gericht entließ die ersten 17 Zeugen nach dem Beginn der Beweisaufnahme ohne eine verwertbare Aussage. Mehrere Zeugen widersprachen auch der Verwertung ihrer Aussagen beim Bundeskriminalamt. Der Staatsschutzsenat unter Vorsitz von Breidling hatte Eltern, Geschwister und Schwäger der vier Angeklagten geladen. Die meisten der Zeugen wohnen in Ulm. Die Stadt gilt als Hochburg der Islamistenszene.

Der Prozess gegen die Sauerland-Gruppe ist eines der größten Terrorverfahren in der deutschen Geschichte. Den vier Angeklagten wird die Vorbereitung verheerender Autobomben-Anschläge in deutschen Großstädten und die Zugehörigkeit zur Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union (IJU) zur Last gelegt. Alle vier Angeklagten hatten zum Auftakt im abgeriegelten Hochsicherheitstrakt des Gerichts die Aussage verweigert. Prozessbeteiligte schätzen die Dauer des Verfahrens auf zwei Jahre.

Angeklagt sind die zum Islam konvertierten Deutschen Gelowicz (29) und Daniel Schneider (23), der Türke Yilmaz sowie der türkischstämmige deutsche Staatsangehörige Atilla Selek (24). Schneider wird zusätzlich versuchter Mord vorgeworfen. Er soll bei seiner Festnahme im Sauerland auf einen Polizisten geschossen haben. (APA/dpa)