Auch heimliche "Papatests" sind tabu.
Der Albtraum eines Jobsuchenden: Er steht bei seiner Bewerbung schon in der Endrunde. Doch dann heißt es: Wer den Posten wirklich haben will, muss sich zunächst einem Gentest unterziehen. Schließlich will der Arbeitgeber wissen, wen er sich da ins Haus holt. Ob potenzielle Arbeitnehmer nicht womöglich eines Tages wegen einer Erbkrankheit ausfallen.
Einem solchen Szenario hat der deutsche Bundestag jedoch am Freitag einen Riegel vorgeschoben. Nach zehn Jahren Debatte beschloss er das Gendiagnostikgesetz. Dieses regelt, wie mit Genmaterial von Menschen und somit mit den Ergebnissen von Gentests künftig umzugehen ist: Nämlich sehr restriktiv. "Wir wollen nicht, dass Menschen aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften diskriminiert werden", sagt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD).
Die neuen Regeln gelten in folgenden Bereichen:
Berufsleben: Arbeitgeber dürfen von Mitarbeitern oder Bewerbern künftig keinen Gentest verlangen und auch bereits vorliegende Ergebnisse nicht verwenden. Eine Ausnahme gibt es bei arbeitsmedizinischer Vorsorge. Tests sind erlaubt, wenn damit genetisch bedingte Überempfindlichkeiten gegen bestimmte Stoffe geprüft werden sollen – etwa in der Chemieindustrie. Auch bereits übliche Test zur Prüfung von Rot-Grün-Blindheit bei Fernfahrern bleiben weiterhin erlaubt.
Versicherungen: Versicherungen können ihren Kunden keine Gentests vorschreiben, um ihr Krankheitsrisiko abzuchecken. Doch es gibt eine Ausnahme: Wenn bereits ein Ergebnis eines Gentests vorliegt und jemand eine Lebens-, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte, die jährlich mehr als 30.000 Euro und im Todesfall mehr als 300.000 Euro bringt. Dann ist ein Blick auf den bereits vorhandenen Gentest des Betroffenen erlaubt.
Fortpflanzung: Untersuchungen des Embryos im Mutterleib werden auf medizinische Zwecke beschränkt. Eltern können keinen Gentest durchführen lassen, bloß um das Geschlecht des ungeborenen Kindes herauszufinden. Verboten sind auch Untersuchungen auf Krankheiten, die erst im Erwachsenenalter auftreten (Hirnerkrankung, Brustkrebs). Erlaubt bleibt die Ultraschalluntersuchung der Nackenfalte, um die Wahrscheinlichkeit eines Down-Syndroms abzuleiten.
Vaterschaftstest: "Mama's baby, papa's maybe." So lautet der Zweifel vieler Männer in Deutschland. Wer sich nicht sicher ist, ob er wirklich der biologische Vater (s)eines Kindes ist, darf künftig nicht mehr einfach einen ausgespuckten Kaugummi des Sprösslings zur Analyse ins Genlabor schicken. Er braucht die Zustimmung des Kindes und des anderen Elternteils, meist also der Mutter.
Wird Genmaterial dennoch heimlich eingeschickt, drohen dem Absender Bußgelder bis zu 5000 Euro. Gleichzeitig aber erleichtert Berlin zweifelnden Vätern die juristische Durchsetzung eines Papatests, wenn die Mutter diesen hartnäckig verweigert. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD Printausgabe, 25./26.04.2009)