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"Viel zu wenig" Pflegepersonal.

AP Photo/Matthias Rietschel

Graz - "Heimbewohner, die auf Wellness und Kosmetik großen Wert legen, kommen auch nicht zu kurz", heißt es auf der Homepage der Seniorenresidenz Marianne in Graz Andritz. Was so blumig und einladend beschrieben wird, entpuppte sich jetzt als schwer gesundheitsgefährdende Pflegestätte für Senioren.

Das von einem Privatbetreiber geführte Heim wurde am Freitag wegen schwerer Missstände im Pflegebereich geschlossen. Eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft ist unterwegs.

Die Sozialbehörden der Stadt und des Landes sahen sich nach einer Routinekontrolle - nachdem es in den letzten Monaten bereits Beanstandungen gegeben hatte - am Freitagnachmittag zu raschem Handeln gezwungen. Senioren klagten über Wundgeschwüre am Gesäß und Rücken, auch Füße wiesen schwere Beeinträchtigungen auf. Bei einigen Heimbewohnern wurden "Spitzfüße" - das Gelenk ist versteift, Gehen nur auf Zehenspitzen möglich - diagnostiziert. Allesamt deutliche Hinweise auf schwere Betreuungsmängel bettlägeriger Menschen. Zudem herrschten in den Räumlichkeiten des privaten Pflegeheimes zum Teil katastrophale hygienische Zustände. Mit einem Großeinsatz von Rettungsautos wurden die Bewohner schließlich in andere Pflegeeinrichtungen verlegt.

"Um Leib und Leben"

"Es war tatsächlich Gefahr in Verzug. Es ging um Leib und Leben, die Situation für die Senioren war wirklich bedrohlich", sagte die Chefin der Sozialabteilung im Land Steiermark, Barbara Pitner, zum Standard. Es sei "viel zu wenig" Pflegepersonal vorhanden gewesen. Es sei zudem keine rechtlich erforderliche Pflegeleiterin mit entsprechender Ausbildung angestellt gewesen.

Von den Heimverantwortlichen, die im Jahr 2000 noch mit dem Job-Oskar "für besondere Leistungen bei der Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen" ausgezeichnet worden war, wurde am Freitag jede Auskunft verweigert. (cms, mue, DER STANDARD Printausgabe, 25./26.04.2009)