Nein, in seiner Deutschen Bahn sei es nicht wie in der DDR zugegangen, beteuert der scheidende Bahn-Chef Hartmut Mehdorn immer wieder. Und man muss ihm recht geben. Schließlich gab es in der DDR noch kein Internet und keinen E-Mail-Verkehr.
Ansonsten aber dürfte es sich bei der Deutschen Bahn in den vergangenen Jahren tatsächlich um so eine Art Stasi auf Schienen gehandelt haben. Immer unglaublichere Details werden bekannt. Missliebigen Mitarbeitern soll man belastendes Nazi- und Porno-Material auf den Computer gespielt haben, um sie kündigen zu können. Jedem Drehbuchautor würde man ein so mieses Drehbuch voller Klischees an den Kopf werfen. Aber bei der Deutschen Bahn überholt die Wirklichkeit das Klischee offenbar noch mit einer Geschwindigkeit, wie sie kein ICE zustande bringt.
Privatisierung, Privatisierung, Privatisierung! Das war die die Losung, die Mehdorn mit eisernem Willen verfolgte. Immer mehr zeichnet sich ab, dass der Weg an die Börse jedoch mit groben Verstößen gegen den Datenschutz und unappetitlichen Stolpersteinen für Mitarbeiter gepflastert war, die nicht schweigend mitfahren wollten.
Mehdorn einfach auszutauschen wird nicht reichen. Sein designierter Nachfolger Rüdiger Grube muss diesen Augiasstall ausmisten und darf dabei keine Hemmungen haben. Die deutsche Regierung wird ihm dabei hoffentlich genau auf die Finger schauen. Schließlich ist die Bahn noch immer in Staatsbesitz und somit das Eigentum aller Deutschen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.4.2009)