Wien - Der scheidende Grüne EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber hat die neuen Kandidaten der österreichischen Parteien bei der EU-Wahl am 7. Juni "allesamt als europapolitisch wenig erfahren" bezeichnet. Diese seien in den vergangenen Jahren kaum mit "europapolitischen Visionen, Kritik oder Konzepten" in der Öffentlichkeit hervorgetreten, erklärte Voggenhuber am Rande eines Symposiums zum Thema "Demokratisches Europa" gegenüber der APA am Samstag in Wien.
Strasser "tief reaktionär"
Farblos seien die Kandidaten allerdings keineswegs. ÖVP-Kandidat Ernst Strasser sei "kohlrabenschwarz" und bei seinen Aussagen über Asylpolitik, Flüchtlingen, Europa oder beim Thema Einwanderung "tief reaktionär". SPÖ-Spitzenkandidat Hannes Swoboda habe in den vergangenen Jahren einen "erstaunlichen Schlingerkurs" hingelegt und sich zu sehr auf den Apparat der Organisation konzentriert und sei in großen "Sachpolitiken kaum hervorgetreten". Voggenhuber glaubt nicht, dass man Europa in dieser Art den Menschen näher bringen könne. Der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer hatte Voggenhuber vor wenigen Wochen als "fachkundig" beschrieben, aber dieses Kompliment könne der Grüne EU-Abgeordnete beim "besten Willen" nicht zurückgeben.
Man spiele in Österreich gerne den "heroischen Kampf nationaler Interessen gegen Europa", so der EU-Abgeordnete weiter. Dies sei eine "giftige Saat von Aversionen, Desinteresse und Inkompetenz" die eben aufgehe. Österreich sei nie wirklich in Europa angekommen.
"Dopppelbödigkeit der Europapolitik"
Zur der von Meinungsforschungsinstituten prognostizierten niedrigen Wahlbeteiligung im Juni (die Umfragen liegen zwischen 21 und 50 Prozent, Anm.) und warum diese tendenziell immer niedriger werde meinte Voggenhuber, dies habe sehr viel mit der europäischen Ignoranz der Regierungen und der großen Parteien zu tun. Zudem spiele die "ewige Doppelbödigkeit der Europapolitik" eine ernstzunehmende Rolle. Voggenhuber denke aber nicht, dass die Wahlbeteiligung nur bei 20 Prozent liegen werde. Dies sein ein "Worst-Case-Szenario".
Dennoch glaubt Voggenhuber, EU-Abgeordneter der ersten Stunde, dass in der Demokratisierung der EU "Quantensprünge" vollzogen worden seien. Nun hänge alles davon ab ob der Vertrag von Lissabon tatsächlich in Kraft trete oder nicht.
Zweites Grün-Mandat fraglich
Die Aussagen der EU-Spitzenkandidatin der Grünen, Ulrike Lunacek, die "ganz sicher" zwei Mandate für ihre Partei bei der Europawahl am 7. Juni erwarte, konnte Voggenhuber nicht bestätigen. Es habe zwar einmal durchaus die Möglichkeit bestanden sogar noch ein drittes Mandat zu holen, aber derzeit seien die Umfragen nicht sehr optimistisch und er befürchte, dass auch das zweite Mandat verloren gehe. (APA)