J.J. Cale: Roll On, Warner

Foto: Warner

Viel Zeit hat J.J. Cale sich schon immer gelassen. Nicht nur zwischen der Veröffentlichung neuer Studioalben. Seit "To Tulsa and Back (2004)" sind nunmehr fünf Jahre ins Land gezogen. Dazwischen ergaben sich aber immerhin "The Road to Escondido" (2006) mit Eric Clapton und "Rewind: Unreleased Recordings" (2007), ein Rückblick auf frühere, unveröffentlichte Songperlen. Ein "echtes" Cale Album - wie "Roll On" eines ist - braucht aber offenbar seine Jahre.

Auch sonst pflegt der mittlerweile siebzigjährige Kauz aus Tulsa/Oklahoma einen relaxten Lebensstil. Im Wohnmobil zieht er durch die Staaten, bis ihn etwas oder jemand aufhält. Trifft er auf Musiker, mit denen er harmoniert, zieht man sich zurück ins Studio und spielt vielleicht eine neue Platte ein. Oder der Musiker und Komponist legt - wie auf dem aktuellen Album - bei den meisten Instrumenten selbst Hand an. Gastmusiker spielen da nur eine Nebenrolle. Das solcherart verdiente Geld musste der Mann übrigens in den Wänden seines Trailers parken, da ihm ohne festen Wohnsitz ein Konto verwehrt blieb. Ganz unglücklich schien Cale mit dieser Lösung dann aber nicht zu sein, denn Banken misstraute er nach eigenen Worten ohnedies. Mag sein, dass er sich derzeit ob dieser Haltung bestätigt fühlt. Dank Eric Claptons Coverversionen von "After Midnigt" und "Cocaine" könnte sich allerdings im Wohnmobil mittlerweile einiges an finanziellen Rücklagen angesammelt haben. Wer auf die Scheinchen aufpasst, ist nicht bekannt. Dass der monetäre Zuwachs nicht abreißt, dafür sorgen nicht zuletzt wohl die Musikerkollegen. Cales Songs haben es vielen klingenden Namen angetan. Unter anderem The Allman Brothers Band, The Band, Captain Beefheart, Johnny Cash, Santana und Herbie Man haben sich an Covers seiner Kompositionen gewagt.

Country Blues Rock

J.J., der eigentlich John heißt, war nie einer, den es in die erste Reihe zog. Zum zweiten John Cale wollte er allerdings auch nicht werden. Der Mann hat daneben sogar Prinzipien, die er - Tantiemen sei Dank - auch durchziehen kann. Eine Show mit Garantie-Ticket zum Top-Hit sagte er ab, weil dort Playback gespielt wurde. Relaxter Country Blues Rock ist und bleibt seine Sache. Dem durch die charakteristische Gitarre geprägten pathosfreien Stil, der als "Laid Back" in die Annalen der Musikgeschichte einging, bleibt er wohl auf immer und ewig treu. "Roll On" verschreibt sich einmal mehr dem typischen, relaxten "Tulsa"-Sound, den Eric Clapton und Mark Knopfler so erfolgreich abgekupfert haben.

Revolutionäres hat auch "Roll On" nicht zu bieten. Die kurzen, sparsam instrumentierten Songs mit den lakonischen Texten und wohldosierten Soli sind dem Cale-Fan wohl vertraut. So mancher Song wäre schon auf zurückliegenden Produktionen wie "Naturally (1971)" oder "Troubadour (1976)" nicht aufgefallen. Letzteres übrigens ein Album in das unbedingt reinhören sollte, wem der Altmeisters bislang wenig zu sagen hat. Beim Titelsong "Roll On" haben u.a. Jim Keltner am Schlagwerk und Eric Clapton die Finger mit im Spiel. In die Saiten der akustischen Gitarre greift Christine Lakeland. Die Lady, die Cale schon live begleitete, legt Hand bei "Who Knew", "Oh Mary", "Old Friend" und "Roll On" an. Und sie macht Lust auf Abenteuer: "Schön und gut, wie er im Konzert spielt und wie seine Platten klingen. Aber sie müssten ihn einmal hören, wenn er vor seinem Wohnwagen spielt". Wer weiß, vielleicht ein lohnender Tipp für ein nächstes Reiseziel? (mareb)