Martin Graf beklagt sich bitterlich. Der Ärmste sieht sich als Objekt einer raffinierten Strategie von Harald Walser, der ihn als Reibebaum benutze, um sich selbst zu inszenieren. Als Rechtsextremen und Holocaust-Leugner habe ihn Walser bezeichnet und auch sonst noch einige unfreundliche Dinge gesagt. Martin Graf ist aber überzeugt: "Ich halte das problemlos aus. Denn ich bin kein Extremist, sondern ein Demokrat und energischer Verfechter der Meinungsfreiheit - für Walser genauso wie für Marinovic" . (Presse, 20. 4. '09)

So? Wirklich? Dem Standard versichert Martin Graf am gleichen Tag in einem Interview auf die Frage, ob er klagen werde: "Ich werde sicher nicht klagen ... Ich habe dem Kollegen Walser von den Grünen auch gesagt: Sie machen die beste Reklame für mich."

So? Wirklich? Mit Privatanklage vom 7. 4. 2009 begehrt Martin Graf die Verurteilung von Harald Walser wegen übler Nachrede und Kreditschädigung (§§ 111 und 152 StGB). - So weit zur Glaubwürdigkeit des energischen Verfechters der Meinungsfreiheit.

Was aber hat mein Kollege Harald Walser behauptet? "Jetzt haben wir die rechten Extremisten auch dank ihres Begleitschutzes genau dort, wo sie ganz sicher nicht hingehören: Die Relativierer und Leugner des Holocaust tummeln sich im Machtzentrum der Republik." 

Das kann ich unterschreiben. Graf interpretiert seine Rolle offensichtlich falsch: Er ist nur der Begleitschutz für den Auftritt der Relativierer und Leugner des Holocaust. Ob das Parlament tatsächlich das Machtzentrum der Republik ist, darüber könnte man streiten. Nicht streiten kann man hingegen über die Fakten. Bei der von Graf und der FPÖ organisierten Veranstaltung war nicht nur Walter Marinovic Gastredner, sondern auch John Gudenus Gast. Ja genau jener Gudenus, der 2006 wegen NS-Wiederbetätigung zu einem Jahr bedingter Haftstrafe verurteilt wurde. Und der Gastredner selbst, Walter Marinovic? Graf beklagt sich über die Vorwürfe des Dokumentationsarchivs (DÖW) gegen Marinovic. Dass der Verfassungsschutz der BRD Marinovic als Revisionisten bezeichnet, ist ihm sicherlich entgangen. Dass Marinovic gerne gesehener Gast und Autor bei der Neonazi-Truppe NPD ist, ebenso. Dass die damals vom "Schriftleiter" Marinovic herausgegebene Zeitschrift Professor 1992 vom Presserat verurteilt wurde, weil sie eine im NS-Stil gehaltene antisemitische Karikatur veröffentlicht hatte, sicher auch.

Graf hat ja auch keine Ahnung, welche Nazi-Barden bei seiner Burschenschaft Olympia auftraten, was seine Mitarbeiter beim "Aufruhr" -Versand bestellt haben usw. Wahrscheinlich hat Graf auch keine Ahnung, dass Graf - wieder einmal - geklagt hat. Wer kann sich denn so genau erinnern, was er vor 14 Tagen gemacht hat? Und überhaupt: Ist das Erinnern nicht eine lästige Pflichtübung, die uns die Umerzieher auferlegt haben? Nur zur Erinnerung, Herr Graf: Gegen mich haben Sie schon vor Monaten Klagen angekündigt, Strache detto. Ist Ihnen wahrscheinlich entfallen wie so manches andere auch ... (Karl Öllinger/DER STANDARD-Printausgabe, 27. April 2009)