Wien - Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in einem Erkenntnis klar gestellt, dass es keinen "Operationszwang" für Transsexuelle gibt. Wenn eine Person der Überzeugung ist, dem anderen Geschlecht anzugehören und dies in ihrem äußeren Erscheinungsbild ausdrückt, müssten die Personenstandsurkunden geändert werden - auch ohne Operation. Das Rechtskomitee Lambda begrüßte dies am Dienstag als "historische Entscheidung".

Denn bisher verlangte das Innenministerium für eine Änderung des Geschlechts in den Urkunden bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen eine genitalverändernde Operation. Gegen einen solchen Bescheid des Ministeriums hatte eine Betroffene Beschwerde erhoben: Sie wurde als Mann geboren, lebt aber nach Hormontherapien und kosmetischen Maßnahmen bereits seit Jahren sozial integriert als Frau. Eine Operation sei nicht möglich, hieß es in dem Antrag, weil sie durch den langen Krankenstand ihren Arbeitsplatz, eine leitende Funktion in der Privatwirtschaft, verlieren würde.

Der VwGH erklärte nun in seinem Erkenntnis, dass "ein schwerwiegender operativer Eingriff, wie etwa die von der belangten Behörde geforderte Entfernung der primären Geschlechtsmerkmale, keine notwendige Voraussetzung für eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts ist".

Ist das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht weitgehend irreversibel und nach außen deutlich zum Ausdruck gekommen, "ist der österreichischen Rechtsordnung kein Hindernis zu entnehmen", das Geschlecht in den Urkunden zu ändern, stellte der VwGH fest. Der Gerichtshof verweist darauf, dass Transsexualität in Österreich bisher nicht ausdrücklich rechtlich geregelt wurde.

Helmut Graupner, der Präsident des Rechtskomitee Lambda, äußerte in einer Aussendung "größten Respekt für diese mutige, menschliche und historische Entscheidung". Österreich sei das sechste Land in Europa (nach Spanien, Großbritannien, Ungarn, Schweden und Finnland), wo es keinen Operationszwang mehr gibt. (APA)