In der Stockholmer EU-Antiseuchenbehörde ECDC (European centre for disease prevention and control) geht es bei den rund 200 Mitarbeitern seit Wochenbeginn hektisch zu. Das 2005 gegründete Institut liegt auf dem Gelände des Karolinska Universitätskrankenhauses, das jedes Jahr die Medizinnobelpreise vergibt.

In einem nüchternen, verglasten Büroraum führen ECDC-Beamte und Wissenschaftler Telefonkonferenzen mit allen zuständigen nationalen Gesundheitsbehörden, Pharmakonzernen und in anderen Ländern sitzenden Virologen.

"Wie gefährlich die Situation wirklich ist, kann man jetzt nicht sagen. Ich glaube, die WHO will mit ihrer höheren Risikobewertung vor allem erreichen, dass die Nationen das Problem weltweit ernst nehmen und rasch handeln", erklärt Ben Duncan, Sprecher der ECDC.

Kein Problem in Europa

In Europa sieht Duncan bisher kein Problem: "Seit 2005 hat Brüssel viel Geld in den Umgang mit solchen Situationen gesteckt." Noch bei der Vogelgrippe vor vier Jahren sei die Koordination innerhalb der EU bei weitem nicht so professionell gewesen. "Auch deshalb wurde das ECDC gegründet", sagt Duncan.

Für Johan Giesecke, einen der Chefwissenschaftler beim ECDC, ist die größte Herausforderung die große Zahl der Reisenden aus Mexiko. Allein in Madrid landen täglich vier Flüge.

Zumindest gebe es dadurch "viele potenzielle Testsubjekte", sagt Giesecke. Vor Panik warnt aber auch er. Die ECDC habe den EU-Ländern einen Plan zur Genehmigung vorgelegt, wonach alle Personen mit verdächtigen Symptomen zu Hause bleiben und dort behandelt werden sollen statt ins Krankenhaus zu kommen. Das sei kein Problem, solange keine intensivere ärztliche Pflege notwendig sei.

Die schwedische Medienprofessorin Gunilla Jarlbro, die sich auch mit der Berichterstattung zur Vogelgrippe auseinandergesetzt hat, vertritt die Auffassung, dass die wachsende Panik vor einer pandemischen Krankheit vor allem in die "moderne Mediendramaturgie" passe. Alarm in Gesundheitsfragen werde heute immer häufiger durch Medien geschlagen. Das sei jedoch auch problematisch, weil die Konsumenten abstumpfen. "Wenn es wirklich einmal ernst wird, ist die Sensibilität dahin", warnt die Medienwissenschafterin. (André Anwar aus Stockholm/DER STANDARD - Printausgabe, 29.4.2009)