Wetten werden bereits angenommen. Beim Einkühlen des Champagner gibt es allerdings keine Eile. Denn dass die Wette aufgeht und Österreich das 2002 in Barcelona festgelegte Ziel einer dreiprozentigen Forschungsquote im Jahr erreicht, bleibt unsicher, die Skeptiker unter den Prognostikern halten es gar für unwahrscheinlich.

Die Budgetisten in den Ressorts hören Botschaften wie diese eine Woche nach Präsentation des (von seinen Erstellern) für seine üppige Ausstattung über den grünen Klee gelobten Doppelbudgets naturgemäß ungern. Laut einer dem Standard vorliegenden Einschätzung von Joanneum Research, über die heute, Mittwochabend, im Club Research im Haus der Musik diskutiert wird, ist die Skepsis angebracht. Denn die die in den Jahren 2009 und 2010 geplanten öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) werden die zu erwartenden wirtschaftskrisebedingten Rückgänge der Investitionen im privaten Sektor eher nicht kompensieren können. "Die angestrebten Wachstumspfade der letzten Regierung werden deutlich unterschritten", nennt Wolfgang Polt von Joanneum Research einen Grund, der ihn nach Durchrechnung des vorliegenden Budgetentwurfs veranlasst, auf "Bremsspuren auf dem Weg an die Spitze" hinzuweisen.

Polt merkt allerdings anerkennend an, dass es im aktuellen Budget immerhin gelungen sei, einen Ausgabeneinbruch nicht nur zu verhindern, sondern sogar Steigerungen zu ermöglichen. Die gehen allerdings nicht über 2010 hinaus. Laut Bundesfinanzrahmen bis 2013 schaut es ab 2011 überhaupt düster aus. Wohl soll zum Beispiel der FWF pro Jahr mit 160 Millionen Euro stabil und solide dotiert werden, von Wachstumsraten oder gar dem Anschluss an die EU-Spitzengruppe der Innovation, also die Nordländer, kann aber keine Rede sein. Wohl aber von Stagnation, was mit dem Aufholprozess der vergangenen Jahre freilich nicht wirklich zusammenpasst. Qualitativ Wichtiges wie Exzellenz-Cluster könnte zu kurz kommen.

Müssen die Unis weiter sparen (was mit Kollektivvertrag und hohen Mietausgaben unvermeidlich scheint), bleibt unterm Strich ein Rückgang der kompetitiv vergebenen Mittel. "Ab 2011 ist überall Stillstand", sagt Polt.

Über den Einfluss der Wirtschaftskrise auf die Forschungsausgaben der Unternehmen gehen die Meinungen der Ökonomen nach wie vor weit auseinander. Polt "will nicht Kaffeesud lesen", geht auf Basis der aktuellen (aber sehr unsicheren) Konjunkturprognosen aber von einem beachtlichen Delta aus, das sich zur Drei-Prozent-Marke hin öffnen wird: Bis 2011 könnte kumuliert etwa eine Milliarde Euro bei den Ausgaben des Bundes fehlen. "Reagieren die F&E-Ausgaben des Unternehmenssektors ähnlich wie in der Vergangenheit auf die Veränderung der Wachstumsraten, dann sind Reduktionen um fünf bis sechs Prozent per anno in den Jahren 2009 und 2010 möglich", glaubt Polt.

Krise verschärft Mangel

Verschärft sich die Krise gar, fallen die F&E-Ausgaben insgesamt. Fix ist laut Berechnungen der Joanneum-Experten nur: Dass die Stagnation bereits heuer eine reale Möglichkeit darstellt.

Vor diesem unsicheren Hintergrund muten die im Doppelbudget enthaltenen (aber wohlweislich nicht explizit ausgewiesenen), massiven Steigerungen der steuerlichen Forschungsförderung (Forschungsfreibetrag, -Prämie) von 341 Millionen Euro (2008) auf 264 (2009) und weiter auf 369 im Jahr 2010 doppelt unsicher und vor allem üppig an. Bezweifelt wurden diese Ausgabenannahmen von hochrangigen Ökonomen zwar bereits vor der Krise, beeindruckt hat dies die Budgetisten des Finanzministeriums aber nicht. Also bleibt die kalte Einsparung wie ein Damoklesschwert über der F&E-Szene hängen: Schrumpfen die Unternehmensausgaben, schrumpfen auch die Steuergutschriften und damit auch die staatlichen Ausgaben für F&E. Dieses Geld ist zwar nicht weg, für Direktförderungen stand es aber auch nicht zur Verfügung. "Das sind kommunizierende Gefäße, das ist das Problem", sagt Joanneum-Ökonom Polt.

Bleibt die wirtschaftliche Lage angespannt, könnte die angespannte Budgetsituation einen Rattenschwanz an Folgewirkungen nach sich ziehen: Besonders stark betroffen werden Klein- und Mittelbetriebe sein, allen voran "Start-ups - weil sie Kreditrationierung und Austrocknung der Venture-capital-Märkte besonders spüren.

Aus früheren Abschwüngen weiß man auch, dass nicht nur bei der Finanzierung kein Stein auf dem anderen bleibt, sondern dass sich Innovationsleistungen inhaltlich verlagern: "F&E verschiebt sich hin zu kurzfristig verwertbarer und zulasten längerfristiger, strategischer Forschung", glaubt Polt.

Frühwarnsystem

Ob das diesmal auch so sein wird, stehe noch nicht fest. In drei Jahren wird man es wissen, denn die Datenlage ist in Österreich ist schlecht, es gibt für F&E kein Frühwarnsystem wie bei der Konjunkturentwicklung, weil sie von den Ministerien bei der Statistik Austria nicht bestellt wird. Absehbar und logisch ist jedoch, dass die Betonung der Prozessinnovationen zunehmen wird, weil der Rationalisierungsdruck dramatisch steigt.

Im Puzzle fehlen ebenso viele Teile, wie es Löcher im Forschungsbudget gibt. Absehbar ist nur, dass Österreich damit seinen Wachstumskurs kaum wird fortsetzen können. Den Status quo zu halten kann in der Krise aber auch schon ein Erfolg sein. (Luise Ungerboeck/STANDARD,Printausgabe, 29.4.2009)