
Roland Ottensamer entwickelte schon als 17-jähriger Schüler Computerspiele.
Am 14.Mai soll Herschel, das Oberservatorium der Europäischen Weltraumorganisation (Esa), starten. Der Satellit verfügt über ein 3,5 Meter großes Teleskop für das ferne Infrarot und soll dreieinhalb Jahre in vierfacher Mondentfernung Galaxien-Entwicklung und Stern-Entstehung entschlüsseln helfen. "Da Herschel in der Lage ist, Dinge zu sehen, die noch nie beobachtet wurden, sind wir auf Überraschungen eingestellt", frohlockt Roland Ottensamer vom Institut für Astronomie der Uni Wien, der seit 2001 mit der Programmierung des Infrarot-Satelliten beschäftigt war.
Mit dem Messinstrument Pacs (Photodetector Array Camera & Spectrometer) soll der Satellit Bilder aufnehmen. Allein diese Einheit hat die Größe eines Smart und muss auf ein Grad über dem Absoluten Nullpunkt gekühlt werden, damit überhaupt gemessen werden kann. Die Detektoren von Pacs sind hunderte Male größer als die herkömmlicher Digicams, haben aber nur wenige Pixel und nehmen bis zu 256 Bilder pro Sekunde auf.
"Es werden rund 40-mal mehr Daten produziert, als beim täglichen Bodenkontakt gesendet werden können. Sie müssen an Bord einer Vor-Auswertung unterzogen werden, ohne ihren wissenschaftlichen Wert einzubüßen", so der Forschungsassistent, der das notwendige Reduktions- und Kompressionssystem mitentwickelt hat. Es befindet sich bereits in Kourou (Französisch Guyana), wo der Start vorbereitet wird. Der spannendste Augenblick für den 33-Jährigen kommt entsprechend, wenn der Einschaltknopf gedrückt wird. Nach der obligaten Überprüfung der Systeme ist das Infrarot Observatorium - nach einem strengen Wettbewerb der Anträge - bereits auf ein halbes Jahr im Sekundentakt ausgebucht.
"Es ist leichter, einem Astronomen das Programmieren beizubringen, als einem Programmierer die Astronomie", sagt Roland Ottensamer, der schon als 17-Jähriger gemeinsam mit einem Freund ein Spiel für den Commodore 64 entwickelte und einem deutschen Verlag verkaufte. Die gesamte On-board-Software wurde in zehn Jahren von weniger als zehn Leuten entwickelt. An der Boden-Software waren immerhin zehnmal so viele beteiligt, damit die Daten auch ausgewertet werden können.
Seine Studienwahl war ein Zufall, wenn man so will: Der Freistädter fing im Studienführer vorn zu blättern an, und als er das Kapitel Astronomie las, suchte er nicht weiter. Noch während des Zivildienstes begann er, auf ein Fernrohr zu sparen.
"Ein Hauch Sciencefiction im Studium" genügte, um nicht auf ein anderes Fach zu wechseln. In das Pacs-Projekt geriet er, als ein paar Fragen nach der Vorlesung in ein Bewerbungsgespräch ausarteten. Die Spezialisierung aufs Programmieren kam dann mit den zu erledigenden Aufgaben.
"Als Wissenschafter will man kein Fabriksarbeiter sein. Man kann aber auch nicht darauf warten, dass einen die Muse küsst", so der Astronom. Also setzt er auf "ein wenig Druck, damit was weitergeht", teilt sich aber Aufgaben und Kräfte gut ein. Mit einem Paar Laufschuhe schafft er den Ausgleich im Wienerwald. (Astrid Kuffner/STANDARD,Printausgabe, 29.4.2009)